Wie ökologisch ist Parkett?

Nachhaltigkeit einfordern

Parkett ist die Nummer eins bei den Bodenbelägen im Wohnbereich. Neben ästhetischen Kriterien gibt die Nachhaltigkeit oft den Ausschlag für den Einbau. Doch wie ökologisch ist Parkett? Fragen stellen sich nicht nur bei der Herkunft des Holzes, sondern auch bei Ober­flächenbehandlung und Verlegung.

Von Thomas Bürgisser | Bilder: Martin Bichsel, Bauwerk Parkett | Dezember 2016

Sechs Millionen Quadratmeter Parkett werden in der Schweiz jährlich neu verlegt. Das zeigen Zahlen der Interessengemeinschaft der Schweizerischen Parkett-Industrie (ISP). Und gemäss Marktdaten des Schweizer Unternehmens Bauwerk Parkett kamen 2015 bei 55 Prozent aller Neubauten und 28 Prozent aller Umbauten oder Renovationen im Wohnbereich Holz oder Parkett zum Zug. «Parkett ist ein ökologischer, natürlicher und vielfältiger Bodenbelag, der Wärme ausstrahlt», erklärt sich Rebekka Raff von Bauwerk Parkett diese Beliebtheit.

Nur FSC bietet Sicherheit
Nur: Die Wahrnehmung von Parkett als nachhaltigem Baustoff ist nicht immer gerechtfertigt. Zwar schätzt Beni Lysser, Gutachter und Referent der ISP, dass inzwischen tatsächlich nur noch rund ein Prozent der Parkette aus Tropenholz gefertigt werden. «Vor zehn Jahren waren dies noch etwa acht Prozent.» Hier habe eine grosse Verschiebung hin zu Eichenparkett stattgefunden, das heute über achtzig Prozent ausmacht. Dass weniger Tropenholz zum Einsatz komme, sei durchaus löblich, sagt Corina Gyssler vom WWF. Eiche heisse aber noch lange nicht, dass das Holz nachhaltig gewonnen werde. «In China, Sibirien oder Teilen Osteuropas wird Eiche auch illegal geschlagen. Anstatt in den Tropen werden also teilweise einfach dort Lebensräume unwiderruflich zerstört.»
Keine Probleme bestünden einzig bei Parkett, deren Nutz-, aber auch Trägerschicht vollumfänglich aus Schweizer Holz gefertigt sei. «Bei allen anderen Herkunftsländern muss man auf entsprechende Label achten», rät die WWF-Sprecherin. Wenn es um den nachhaltigen Holzschlag geht, ist nach WWF-Ansicht einzig Forest Stewardship Council (FSC) vertrauenswürdig. «Andere Labels sind in ihren Vorgaben aus unserer Sicht zu schwammig, zu wenig übersichtlich oder werden nicht unabhängig kontrolliert», so Corina Gyssler. Für eine FSC-Zertifizierung gelten länderspezifische Vorgaben zur Waldbewirtschaftung allgemein, aber zum Beispiel auch zum restriktiven Einsatz von Pestiziden, speziell in der Schweiz. Gleichzeitig spielen auch soziale Kriterien wie die Rechte indigener Völker oder der Arbeitnehmer eine Rolle. Nebst dem Hundert-Prozent-FSC-Label ist im Parkettbereich das FSC-Mix-Label verbreitet. Hier müssen mindestens siebzig Prozent FSC-zertifiziertes Holz enthalten sein, die restlichen dreissig Prozent aus kontrollierter Quelle, das heisst nicht illegal geschlagen und nicht aus schützenswerten Wäldern.

Beliebte Parkettarten in der Schweiz: Ahorn, Kiefer, Buche, Birke, Kirschbaum, Erle, Eiche, Nussbaum.

Bewusstsein steigt nur langsam
Wie gross der Anteil an FSC-zertifiziertem Parkett in der Schweiz ist, kann FSC-Schweiz-Geschäftsführer Hubertus Schmidtke nicht sagen. «Sicher ist, dass im Baubereich noch Nachholbedarf besteht.» Dies bestätigen auch Corina Gyssler und Beni Lysser. «Bisher war das für Konsumenten jedoch oft Nebensache. In erster Linie zählte die Optik, oft noch der Preis. Die Herkunft oder ein Label spielten eine untergeordnete Rolle», so Beni Lysser. Erst seit wenigen Jahren sei das Thema Nachhaltigkeit auch beim Parkett angekommen.
Diese Erfahrung teilen auch Schweizer Parkettunternehmen. «Trotz diesem nur langsam ansteigenden Kundenbedürfnis setzen wir bei unseren grösstenteils importierten Produkten aber schon seit längerem auf zertifiziertes Parkett», so Stephanie Scharnitzki von Holzpunkt. Rund zwanzig Prozent seien FSC-zertifiziert, hinzu kämen Label wie PEFC, Natureplus oder MinergieEco. Praktisch alle ihre Lieferanten hätten heute Parkett mit einem dieser Label im Sortiment. «Auch um untereinander wettbewerbsfähig zu bleiben.» Bei Bauwerk Parkett seien ebenfalls hundert Prozent der Produkte zertifiziert, sagt Rebekka Raff, sei es durch Eco-Institut, Sentinel-Haus oder MinergieEco. «FSC-zertifiziertes Parkett macht jedoch nur etwas mehr als zehn Prozent unseres Sortimentes aus.»

In Kreisläufen gedacht
Seit einiger Zeit beschreitet Bauwerk Parkett zusätzlich eigene Wege bezüglich Nachhaltigkeit, mit dem Label Cradle-to-Cradle – von der Wiege zur Wiege. Dabei sei die Herkunft des Holzes zwar nicht zwingend FSC-zertifiziert. «Wir denken aber in Kreisläufen: Es sollen keine Abfälle mehr entstehen», so Rebekka Raff. Zu diesem Zweck mussten auch sämtliche Lieferanten von Klebern, Ölen oder Lacken ihre Produkte umstellen, damit darin keine Chemikalien mehr enthalten sind, die Mensch und Umwelt schaden können und nur schwer abbaubar sind. Heute erreicht der grösste Schweizer Parkettproduzent bei sechzig Prozent des Sortimentes mindestens eine Cradle-to-Cradle-Bronze-Auszeichnung.
Komme bei diesen Produkten zusätzlich eine eigens dafür entwickelte Unterlage zur Verwendung, reiche es sogar für Gold, so Rebekka Raff. Denn mit dieser Unterlage könne das Parkett nach der Nutzung problemlos wieder entfernt und weiterverwertet werden. «Solches Parkett nehmen wir zurück, schleifen es ab, behandeln es und führen es in den Kreislauf zurück.» Anders verlegtes Cradle-to-Cradle-Parkett hingegen könne nach dem Ausbau zumindest bedenkenlos zerkleinert und kompostiert werden, da sämtliche darin enthaltenen Stoffe natürlich abgebaut würden. Die Prozesse dazu seien jedoch noch in Entwicklung. «Schliesslich ist Parkett langlebig und es dauert noch einige Jahre, bis wir das erste Parkett so zurücknehmen.»

Je dicker das Parkett, desto öfter kann es geschliffen werden und desto länger ist damit seine Lebensdauer. 

Labels immer hinterfragen
«Nachhaltigkeit hört eben nicht beim Holzschlag auf, sondern geht bei der Verarbeitung, dem Behandeln, Verlegen und Pflegen von Parkett weiter», sagt auch Reto Coutalides. Er ist Experte für gesundes und ökologisches Bauen und Autor des Buches «Innenraumklima: Wege zu gesunden Bauten», in dem unter anderem aufgezeigt wird, wie beim Bauen oder Renovieren das spätere Raumklima ver­bessert und Wohngifte wie Formaldehyd oder flüchtige organische Verbindungen (VOC) verhindert werden. Entsprechend begrüsst Reto Coutalides jede Anstrengung, die nebst der Holzherkunft auch weiterführende Aspekte berücksichtigt.
Als Label in diesem Bereich empfiehlt er zum Beispiel Blauer Engel oder Natureplus. Beide stehen für umweltfreundliche und gesundheitsverträgliche Produkte. Auch Klebstoffe für den Unterbau und das Verlegen, Öle und Lacke zur Oberflächenbehandlung von Parkett sowie Reinigungs- und Pflegeprodukte können zertifiziert sein und sollten möglichst tiefe Schadstoffemissionen während der Ver­arbeitung und Nutzung verursachen. Gleichzeitig weist Reto Coutalides aber auf die Unübersichtlichkeit bei Labeln hin. Als Konsument müsse man sich immer detailliert mit deren Vorgaben auseinandersetzen. «Blauer Engel wie auch Natureplus zertifizieren beispielsweise auch fertige Parkette. Hier verlangt Blauer Engel jedoch nur einen Mindestanteil von fünfzig Prozent an FSC-Holz, Natureplus spricht bei europäischen Hölzern einfach von einem möglichst hohen FSC-Anteil.» Ausserdem sei Vorsicht geboten bei Labeln, die nicht unabhängig kontrolliert würden, viele seien reines Marketing, so der Experte.

Problematische Versiegelung
Welches Vorgehen rät er also Bauherren beim nachhaltigen Bauen? Als gute Informationsplattform für Label führt Reto Coutalides www.labelinfo.ch an. Eine weitere Möglichkeit zur Orientierung beim ökologischen Bauen seien die Baukostenplan-Merkblätter des Vereins Eco-Bau. Daneben gebe es ein paar Grundsätze: «Beispielsweise ist die Langlebigkeit das bestimmende ökologische Argument. Diese hängt von der Dicke der Nutzschicht ab. Nebst der FSC-Zertifizierung ist deshalb eine möglichst dicke Nutzschicht sinnvoll», sagt Reto Coutalides.
Er rät ausserdem ganz von versiegelten Parketten ab. Zum einen müssten diese bei einem Schaden immer ganz abgeschliffen werden. Dies im Gegensatz zu geölten Holzoberflächen, die mit geringerem Aufwand auch partiell renoviert werden können. Zum anderen enthalten Parkettsiegel, auch wenn sie als wässrige Produkte deklariert sind, immer schwer flüchtige Lösemittel. Diese sind nicht nur umweltschädlich, sondern werden dann auch über Wochen und Monate an die Raumluft abgegeben. Öle gibt es hingegen auch lösemittelfrei.

Nachhaltigkeit in der Bauausschreibung
Reto Coutalides rät Bauherren, die Nachhaltigkeit direkt in die Bauausschreibung zu integrieren und Labels zu kombinieren: «Gibt man FSC-Parkett, emissionsarme Klebstoffe sowie Oberflächenbehandlung mit Blauer-Engel- oder Natureplus-Zertifizierung vor, sollte dies jeder Parketthändler und -verleger erfüllen können.» Dies bestätigen in einer kurzen Umfrage mehrere kleinere, regionale Bodenverlegebetriebe. Auch wenn noch lange nicht alle danach fragen würden: In der heutigen Zeit komme man um dieses Angebot gar nicht mehr herum, so die Mehrheit der angefragten Unternehmen.