Stadt Zürich erstellt Wohnsiedlung Kronenwiese mit 99 Wohnungen

Kommunale Siedlung als Ökopionierin

Auf einer innerstädtischen Brache hat die Stadt Zürich eine umfassend nachhaltige Überbauung realisiert. Die im Minergie-A-Eco-Standard erstellte Siedlung zeigt, wie die Zielsetzungen der 2000-Watt-Gesellschaft bei Neubauten erreicht werden können.

Von Sandra Aeberhard | Bilder: Giorgio von Arb, Flycam Amsler, Armon Semadeni Architekten | Februar 2017

Der Run auf die 99 Wohnungen der neuen städtischen Überbauung Kronenwiese war gewaltig – rund 5000 Menschen nahmen am Besichtigungstermin im letzten Juni teil, über 2000 Bewerbungen gingen bei der Liegenschaftenverwaltung ein. Glücklich, wer den Zuschlag für eine der begehrten zentrumsnahen Wohnungen in der 2000-Watt-Siedlung oberhalb des Lettenbades erhielt. Seit Ende 2016 nun ziehen die neuen Mieterinnen und Mieter in Etappen ein. Über hundert Kinder werden bald in Doppelkindergarten, Hort und Kindertagesstätte ein- und ausgehen und sechs Gewerberäume mit bewohnbaren Ateliers die Ecke Kornhausstrasse/Nordstrasse beleben. 2013 hatten 74 Prozent der Stadtzürcher Stimmberechtigten dem Objektkredit von 65 Millionen Franken für die kommunale Wohnsiedlung auf dem lange Zeit brachliegenden, 7029 Quadratmeter grossen Areal Kronenwiese zugestimmt.

An der Ecke Nord-/Kornhausstrasse gibt es sechs Gewerberäume mit bewohnbaren Ateliers, entlang der lärmexponierten Kornhausstrasse zweigeschossige Küchen-/Essräume.

Innovativer Umgang mit Lärmthematik
Die Überbauung von Armon Semadeni Architekten schafft einen qualitätsvollen Übergang zwischen dem Schindlerpark und der Verkehrsachse Kornhausstrasse. Das Gebäude öffnet sich zum rückseitigen Grünraum und lässt die Bewohnerinnen und Bewohner Anteil haben an der naheliegenden Natur. Der halböffentliche Hof im Innern der aufgelösten Blockrandbebauung bildet eine ruhige Oase inmitten der Stadt. Die Balkone orientieren sich ebenfalls zur ruhigen Seite hin mit Blick auf den Park. Die Wohnungen des zur Korn­hausbrücke hin ausgerichteten Gebäudekopfs profitieren von einer grosszügigen Aussicht, während der als Riegel konzipierte Gebäudetrakt zur Kornhausstrasse den Lärm abschirmt. «Mit der Konzeption von zweigeschossigen Küchen-/Essräumen zur Strassenseite haben die Architekten eine sehr schöne Lösung gefunden, um eine räumlich attraktive Nutzung anzubieten und gleichzeitig die Lärmthematik auf innovative Weise anzugehen», sagt Philipp Noger, Projektleiter bei der Fachstelle nachhaltiges Bauen im Amt für Hochbauten. Mit insgesamt 42 verschiedenen Grundrissen gehen die Architekten subtil auf die jeweilige bauliche Situation ein und ermöglichen individuelle und flexibel nutzbare Raumfolgen.

Die Kronenwiese liegt nahe der Limmat zwischen der stark befahrenen Kornhausstrasse und dem Schindlerpark. Die Überbauung trägt dem Rechnung mit einer Blockrandbebauung, die sich gegen den ruhigen Grünraum hin öffnet.

Angeboten werden Wohnungen mit zweieinhalb bis fünf­einhalb Zimmern, die Mehrheit davon für Familien. Zehn Wohnungen sind für die Unterbringung von Flüchtlingen oder vorläufig Aufgenommenen vorgesehen. Damit unterstützt die Liegenschaftenverwaltung der Stadt Zürich die Asyl Organisation Zürich. Für eine Viereinhalbzimmerwohnung müssen Mieterinnen und Mieter mit monatlichen Kosten zwischen 1800 und 1910 Franken netto rechnen. Diese preiswerten Mieten sind möglich, weil die Stadt die Wohnungen nach dem Prinzip der Kostenmiete abgibt, mit der alle Aufwände, etwa für Schuldzinsen, Verwaltung, Unterhalt, Werterhaltung und Rückstellungen, abgedeckt werden. Ein Drittel der Wohnungen ist subventioniert; eine so vergünstigte Viereinhalbzimmerwohnung kommt auf 1430 bis 1510 Franken netto zu stehen. Für deren Mieter gelten fixe Einkommens- und Vermögenslimiten.

Kunst und Bau: Die Pflanzenblätterreliefs im Sichtbeton der Treppenhäuser bringen die Natur ins Gebäude.

Grundriss 3 ½-Zimmer-Wohnung an der Kornhausstrasse.

Lokale Energiegewinnung
Laut Stadtrat André Odermatt überzeugt die Kronenwiese nicht nur architektonisch, sondern auch ökologisch und wirtschaftlich. Die schweizweit erste Minergie-A-Eco-Siedlung dieser Grössenordnung gewinnt den gesamten Energiebedarf für Raumwärme, Wassererwärmung und Lüftung lokal. Dabei nutzen Wärmepumpen über 21 Sonden Erdwärme, der Strom für deren Antrieb stammt von den Photovoltaik­modulen auf den Dächern. Um eine langfristige Auskühlung des Sondenfeldes zu verhindern, wird das betroffene Erdreich regeneriert, indem im Sommer überschüssige Wärme aus der Siedlung über dieselben Sonden in das Erdreich gelangt. Das erzeugt einen Free-Cooling-Effekt: Während Hitzeperioden geben die Räume Wärme an die Bodenheizung ab und «füllen» damit den Erdspeicher.
Bereits 2012, also in einer sehr frühen Planungsphase, wurde die Kronenwiese auf eine mögliche Zertifizierung nach Minergie-A-Eco geprüft. Ausgangslage dafür bildete der ursprünglich definierte Projektrahmen in Minergie-P-Eco. Die unter Federführung der Architekten erstellte Studie zeigte auf, dass der Mehraufwand für den strengeren Minergie-A-Eco-
Standard angemessen war. Dieser verlangt, dass die gesamte Betriebsenergie durch erneuerbare Energien erzeugt wird. Die Mehrkosten von rund 1,5 Millionen Franken konnten mit einem Rahmenkredit gedeckt werden, den der Gemeinderat für energetische Massnahmen, die über die «7-Meilen-Schritte zum umwelt- und energiegerechten Bauen» der Stadt Zürich hinausgehen, zur Verfügung stellt.

Farbtupfer in den Innenräumen: Blaue Türen und Schrankelemente setzen in den ansonsten schlichten Räumen ebenso Akzente wie die dunkelroten Badezimmerkacheln.

Lebenszyklusbetrachtung
Die neue städtische Siedlung erfüllt nicht nur die Anforderungen für Minergie-A-Eco, sie entspricht auch den Vorgaben der 2000-Watt-Gesellschaft. Dabei wird der ganze Lebenszyklus von Gebäuden betrachtet, also nebst der Energie für die Erstellung auch die Betriebsenergie, die graue Energie und die Mobilität. Um der Forderung nach möglichst wenig grauer Energie Folge zu leisten, wurde zu einem grossen Anteil Recyclingbeton verwendet. Dem Zusatz «Eco» kommt die Stadt nach, indem sie ausschliesslich Baumaterialien verwendete, die kaum Schadstoffe absondern und so für ein gesundes Raumklima und eine hohe Wohnqualität sorgen.
Die Kronenwiese ist gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln erschlossen. Wer hier wohnt, kann nicht mit einem eigenen Parkplatz auf dem Areal rechnen. Denn auf eine eigene, teuer zu erstellende Tiefgarage wurde verzichtet. Für die Bewohnerinnen und Bewohner hat die Stadt 38 Parkplätze im nahe gelegenen Parkhaus Stampfenbach hinzugemietet.

Kunst vermittelt zwischen innen und aussen
Die Kunst ist integraler Teil des Bauprojekts. «Hortus petrifex» heisst das Kunst-und-Bau-Projekt des Innerschweizer Künstlers Christian Kathriner, das als Sieger aus dem zweistufigen Wettbewerb hervorging. Die Pflanzenblätter, die in Form von 44 Reliefs im Sichtbeton ausgewählte Wände der Treppenhäuser zieren, vermitteln zwischen dem privaten Wohnraum und dem Aussenraum, indem sie gleichsam die Natur in die Überbauung bringen.
Eine Siedlung mit vielen Qualitäten also. Dass die Nachfrage nach den Wohnungen so gross war, findet Philipp Noger wenig erstaunlich. «Mit der vielfältigen Nutzung und der weitsichtigen energetischen Lösung hat die Stadt auf der Kronenwiese eine äusserst attraktive und nachhaltige Siedlung realisiert.»

Baudaten

Bauträgerin:

Liegenschaftenverwaltung Stadt Zürich,
vertreten durch Amt für Hochbauten der Stadt Zürich

Architektur:

Armon Semadeni Architekten GmbH,
Zürich

Landschaftsarchitektur:

Weber + Brönnimann AG, Bern
Baumanagement und Bauleitung:
Jaeger Baumanagement, Zürich

Planer (Auswahl):

DSP Ingenieure & Planer AG
(Bau­ingenieur)
Haerter & Partner AG (HLKS)

Unternehmen (Auswahl):

Anliker AG (Baumeister)
Baumgartner AG (Fenster Holz/Metall)
Elibag AG (Kücheneinrichtungen)
Klima AG (Lüftung/Klima)
Lenzlinger Söhne AG (Metalltüren)

Sada AG (Sanitäranlagen)
Schenker Storen AG (Lamellenstoren)
Schindler AG (Aufzüge)

Umfang:

99 Wohnungen, Doppelkindergarten/Hort, Doppelkinderkrippe, 6 Gewerbeeinheiten, 321 Veloparkplätze

Baukosten (BKP 1–5):

49,5 Mio. CHF total
4880 CHF/m2 HNF

Mietzinsbeispiele (provisorisch):


3 ½-Zimmer-Wohnung (71–97 m2):
freitragend
1480–1820 CHF + 160 CHF NK
subventioniert
1170–1440 CHF + 160 CHF NK
4 ½-Zimmer-Wohnung (96–104 m2):
freitragend
1800–1910 CHF + 160 CHF NK
subventioniert
1430–1510 CHF + 160 CHF NK