Vorwandsysteme eignen sich für das Genossenschaftsbad ganz besonders

Schnell und sauber

Moderne Vorwandsysteme ermöglichen Badsanierungen mit kurzen Bauzeiten und geringen Immissionen. Flexibilität und Genauigkeit sind weitere Argumente für die vormontierten Systeme. Und ein neues Schweizer Produkt bringt sogar die dezentrale Warmwasseraufbereitung zurück ins Badezimmer.

Von Michael Staub | Bilder: Matthias Jurt | September 2017

Die Allgemeine Baugenossenschaft Luzern (ABL) hat mit ihrer 1948 erbauten Siedlung Obermaihof Grosses vor. Ein Teil der Bestandesgebäude wird saniert, ein weiterer Teil erhält grosszügige Ausbauten, und einige der Häuser weichen Ersatzneubauten. Eine erste Etappe des von 2016 bis 2024 dauernden Projektes aus der Feder von phalt Architekten, Zürich, umfasste die Sanierung der Mehrfamilienhäuser an der Maihofhalde 10–16. Die vier Gebäude erhielten neue Loggien, Küchen und Badezimmer, zudem wurde die Gebäudehülle erneuert. Zwischen Herbst 2017 und Herbst 2019 werden rund vierzig weitere Wohnungen saniert.

Auf enge Bäder zugeschnitten
In den Bädern wurde die gesamte Steigzone erneuert. Das bestehende Vorwandsystem für WC und Waschtisch ersetzte man durch «Vitessa Saturn». Dieses wandmontierte Vorwandsystem der Talsee AG vereint Unterkonstruk­tion und Möbel. Die Masse wurden vor Ort aufgenommen und Bautoleranzen mit speziellen Passleisten aufgefangen, die man bei der Montage passgenau zuschnitt. Die h-förmigen Vorwandsysteme umfassen ausser dem Spiegelschrank fast alles, was zum Bad gehört: einen Spülkasten und einen fugenlosen Corian-Waschtisch, sämtliche Siphons und die Wasser- und Ablaufleitungen.
Dieses kompakte «all in one»-Prinzip war ein wichtiges Argument bei der Produktwahl. «Die Badezimmer sind sehr eng. Das Vorwandsystem war eine gute Lösung, weil es Möbel und Technik in einem Element vereint, der Einbau schnell ging und es in Anbetracht der ­weg­fallenden Kosten für die Gipskartonvorwand konkurrenzfähig war», sagt Cornelia Mattiello-Schwaller, Geschäftsleiterin bei phalt Architekten und verantwortliche Architektin. Im Gegensatz zu Unterputzsystemen musste die Konstruktion nicht mehr verkleidet werden. «So entfiel die Schnittstelle zum Gipser», erklärt die Architektin. «Qualitätskontrolle und Bauleitung sind aber genau gleich wichtig wie beim konventionellen Bau. Man muss die Arbeiten sauber planen und sauber ausführen.»

Dreissig Jahre Lebensdauer
Die Bauleitung der eigenen Projekte ist bei der ABL üblich. Das gewählte Vorgehen hat sich bewährt: «Mit dem vorgefertigten Badmöbel konnten wir die engen Platzverhältnisse optimal nutzen und bei der Ausführung Zeit einsparen. Eine Vergrösserung der Badezimmer hätte die Eingriffstiefe hingegen massiv erhöht, eine Sanierung im Betrieb wäre nicht mehr ­zumutbar gewesen», sagt Peter Bucher, Leiter Bau und Entwicklung bei der ABL. Die Erfahrungen mit dem gewählten System seien positiv. Diese vierzig Objekte des nächsten Sanierungsschritts sind allerdings nicht bewohnt, was die Bauarbeiten noch etwas einfacher machen wird.
Für Vorwandmöbel gelten die üblichen Sanierungszyklen von zwanzig bis dreissig Jahren. «Alle kritischen Elemente sind wasserresistent gefertigt», sagt Urs Kaufmann, Leiter Verkauf bei der Talsee AG. Dies erreiche man mittels wasserfesten Sperrholzes, PU-Verleimung und hochwertiger Abdeckungen. «Gerade Corian, das auch von der ABL gewählt wurde, überzeugt durch seine sehr hohe Belastbarkeit und Schlagfestigkeit», erklärt Urs Kaufmann. Die Kostenfrage sei auch für Baugenossenschaften wichtig, könne aber gut gelöst werden: «Für die Abdeckung und den zusätzlichen Stauraum entstehen gewisse Mehrkosten. Zu einem grossen Teil kompensieren wir diese durch die eingesparten Arbeiten für die Vorwandbeplankung und die Fliesen.» Unterschiedliche Preisklassen gebe es bei den Abdeckungen, Waschtischen und Möbelinhalten, «aber bei den Beschlägen und in der Qualität machen wir keine Kompromisse».

Der Werkstoff Corian hat sich wegen seiner Dauerhaftigkeit bei den Waschtischen bewährt.

Siegeszug des Leichtbaus
Die langen Innovationszyklen der Baubranche sind berüchtigt. Doch manchmal geht es schnell. Bis in die 1990er Jahre dominierte in Schweizer Badezimmern noch der Massivbau. Seither haben sich Vorwandsysteme rasch und umfassend durchgesetzt. Die bekannteste und am meisten verbreitete Lösung dürfte von Geberit stammen. Der Hersteller bietet mit dem Geberit-Installations-System (GIS) sowie dem Duofix-System ein umfassendes Paket für Neubauten und Sanierungen. Warum aber kam es zum Siegeszug der Leichtbausysteme? Beat Aebi, Leiter Marketing und Produktmanagement bei Geberit Schweiz, nennt verschiedene Gründe: «Die deutlich höhere Montagegeschwindigkeit und der Komfort in der Bauausführung sind wichtige Punkte, ebenso die flexible Badgestaltung. Dazu kommt die Verschärfung der bauphysikalischen Vorschriften, etwa im Schallschutz und im Brandschutz.» Daneben ermögliche ein integrales Vorwandsystem auch die Einhaltung sämtlicher Schweizer Normen: «Das sorgt für die nötige Sicherheit beim Bauherrn.»
Für Baugenossenschaften seien Vorwandsysteme besonders interessant, meint Beat Aebi: «Sie können in der Werkstatt vorgefertigt werden, die Arbeit auf der Baustelle lässt sich damit in kurzer Zeit erledigen. Bei Sanierungen im Betrieb ist das ein wichtiger Vorteil.» Die eingebaute Schallentkopplung sorge für Ruhe. Voraussetzung für eine einwandfreie Qualität ist aber eine seriöse Planung, Vorbereitung und Bauleitung. Denn schon durch geringe Unachtsamkeiten oder das «Entsorgen» von Material am falschen Ort können Schallbrücken entstehen.

Gebäudetechnik inbegriffen
Noch einen Schritt weiter geht die Swissframe AG aus Münchenbuchsee (BE). Sie ist vor allem im Sanierungsmarkt tätig. Ihr «Thermos»-Vorwandsystem umfasst nicht nur Waschtisch, Spülkasten und WC, sondern ist ein regelrechtes Gebäudetechnik-Kraftwerk. «Bei der Sanierung von bewohnten Objekten sollte man möglichst schnell vorwärtskommen. Wir wollen maximal zwei bis drei Wochen pro Strang aufwenden», sagt der Gründer und Technikverantwortliche Balz Hegg. Deshalb wurden alle wesentlichen Komponenten der Badezimmertechnik im Vorwandsystem eingebaut. Das Ensemble ist raffiniert: Das «Thermos»-Lüftungsgerät nutzt die Fortluft der Wohnung für die Versorgung einer kleinen Wärmepumpe. Diese erhitzt das Warmwasser direkt vor Ort. Der im Vorwandsystem integrierte Speicher fasst hundert Liter. Sollte dieser Vorrat nach einer besonders langen Dusche erschöpft sein, springt ein elektronisch geregelter Durchlauf­erhitzer ein.
So schliesst sich nach zwei Generationen ein Kreis: Bei unseren Grosseltern waren elektrische Badezimmerboiler noch ein vertrauter Anblick. Zu Wirtschaftswunderzeiten wurde dann die zentrale Warmwasseraufbereitung im Keller eingeführt. «Meist braucht es dafür Öl oder Gas, und weil das Wasser durch das gesamte Gebäude zirkulieren muss, verliert man schon mal die Hälfte der eingesetzten Energie», sagt Balz Hegg. Die dezentrale Warmwasseraufbereitung mit «Thermos» benötige hingegen etwa einen Drittel der Energie, die für einen Elektroboiler notwendig wäre. Den nötigen Strom kann eine bestehende oder neue PV-Anlage liefern.

Pilotprojekt läuft
Dafür wurde an der Berner Fachhochschule ­eigens eine spezielle Steuerung entwickelt. «Thermos» ist ein KTI-Projekt; mit Unterstützung des Bundesamtes für Energie (BfE) wird in Bern derzeit eine Pilot- und Demonstra­tions­anlage mit dreissig Einheiten realisiert. Umfangreiche Sensorbatterien und Messreihen werden laut Balz Hegg solide Daten zur Optimierung der Technik liefern. Die Serienproduktion ist gerade angelaufen, die ersten Bestellungen werden abgearbeitet.

Bewährte Vorwandsysteme

Renovationsarbeiten im Badezimmer waren lange Zeit lärmig, staubig und aufwendig. Weil die Leitungen fix in den Wänden verlegt waren, mussten diese aufgespitzt werden. Seit bald vierzig Jahren sind solche Ärgernisse Geschichte. Bereits 1983 heisst es in einem Wohnen-Artikel, ein Vorwandsystem von Troesch könne «vor allem bei Umbauten und Renovationen zwingende Vorteile für sich geltend machen». Vorwandsysteme bestehen aus einem Ständerwerk, das an Wand und 

Boden befestigt wird. Dieses beherbergt alle Wasser- und Abwasserleitungen und allenfalls auch Stromzuleitungen. Zudem bietet es Platz für grossvolumige Bauteile wie Unterputzspülkästen und stabile Anschlagpunkte für WC-Schüssel, Waschtisch und/oder Badezimmermöbel. Sehr praktisch ist die Flexibilität: Waschtisch, Dusche, WC und Badewanne können mit einem Vorwandsystem unabhängig von den bestehenden Anschlusspunkten positioniert werden.