Rubrik: Recht

Beschwerden gegen Mobilfunkanlagen

Mit der neusten Generation der Mobilfunkanlagen wird die Sendeleistung erhöht. Die Antennen werden deshalb künftig auf noch mehr Widerstand stossen. Beschwerden haben dann Erfolg, wenn baurechtliche Vorschriften verletzt werden.

Die Errichtung einer Mobilfunkan­lage – auch Basisstation genannt – in der näheren Umgebung von Wohnliegenschaften führt regelmässig zu Kontroversen, zumal die von diesen ausgehende Strahlung sich keiner grossen Beliebtheit erfreut. Die Zahl der Antennen hat sich seit Einführung des Mobilfunknetzes exponentiell erhöht. Bis heute wurden rund 20 000 Antennen für mobile Telefonie und Datenübertragung in Betrieb gesetzt,1 und laufend werden neue erstellt. Mit der kommenden fünften Generation der Mobilfunkanlagen2 («5G-Technologie»), die den heutigen 4G-Standard ablösen und im Vergleich dazu etwa hundertmal schneller sein wird, dürfte der Widerstand der Anwohner wegen der mit der wesentlich höheren Sendeleistung verbundenen Strahlung erheblich zunehmen. Im Zusammenhang mit dem Bau solcher Anlagen in der Nachbarschaft stellen sich diverse Rechtsfragen.

Rechtmässigkeit der Belastungsgrenzwerte
In Beschwerdeverfahren gegen Mobilfunkanlagen wird immer wieder beanstandet, die elektromagnetische Strahlung, die von diesen ausgehe, berge gesundheitliche Risiken, insbesondere seien die geltenden Grenzwerte, welche die Verordnung über den Schutz vor nichtionisierender Strahlung3 festlege, zu hoch angesetzt. Alle Bemühungen, diese Immissionsgrenzwerte für gesetzeswidrig zu erklären, waren bisher erfolglos. Im Gegenteil stellte das Bundesgericht fest, das Konzept der Verordnung beziehungsweise die darin festgelegten Grenzwerte entsprächen dem heutigen wissenschaftlichen Kenntnisstand.4 Beschwerden, welche die gesundheitsgefährdende Wirkung der Strahlung beanstanden, sind deshalb zum jetzigen Zeitpunkt aussichtslos.

Konzentration in der Bauzone
Hinzu kommt, dass Mobilfunkanlagen als Bauten gemäss dem Prinzip der Trennung von Bau- und Nichtbaugebiet ausserhalb der Bauzone grundsätzlich nicht zonenkonform sind und daher nur dort errichtet werden dürfen, wenn eine Ausnahmebewilligung erteilt werden darf.5 Dies hat zur Folge, dass solche Anlagen überwiegend in der Bauzone errichtet werden, auch wenn theoretisch eine bessere Abdeckung mit einer Antenne ausserhalb der Bauzone erreicht werden könnte.
Zudem hat die häufig vorgeschlagene Konzentration von Antennen der verschiedenen Betreiberinnen auf denselben Antennenmasten zur Folge, dass höhere Masten erforderlich werden, und zum anderen verstärkt sich die von den Antennen ausgesendete Strahlung. Dies widerspricht dem Wunsch der Anwohner nach vermehrtem Schutz vor Strahlung.

Einzuhaltende Grenzwerte
Beim Bau von Mobilfunkantennen müssen an Orten, wo sich dauerhaft Menschen aufhalten, Strahlungsgrenzwerte eingehalten werden. Als Orte mit empfindlicher Nutzung gelten Räume in Gebäuden, in denen sich Personen regelmässig während längerer Zeit aufhalten, sowie öffentliche oder private Kinderspielplätze wie auch Bereiche von unüberbauten Grundstücken, wo die zuvor genannten Nutzungen zugelassen sind.6
Die Frage, ob eine Anlage die gesetzlichen Emissionsbegrenzungen einhält, wird in erster Linie anhand des Standortdatenblatts geprüft.7 Dieses hat unter anderem die aktuellen und geplanten technischen und betrieblichen Daten der Anlage zu enthalten, wie zum Beispiel die Abstände zu anderen bewohnten Gebäuden oder die Sendeleistung der Anlage.

Mögliche Beschwerdegründe
Wie eingangs ausgeführt, sind Beschwerden wegen der gesundheitsgefährdenden Wirkung der Strahlung aussichtslos. Als Beschwerdegründe kommen aber Verletzungen von baurechtlichen Vorschriften in Frage. Insbesondere sind Abstandsvorschriften und die Berechnungen der Grenzwerte in den Standortdatenblättern zu überprüfen. Wenn baurechtliche Vorschriften verletzt oder die Anlagegrenzwerte nicht eingehalten sind, muss die Baubehörde die Baubewilligung verweigern.

Beschwerdebefugnis der Anwohner
Die Befugnis, eine Beschwerde gegen den Bau einer Mobilfunkanlage zu erheben, ist in der Schweiz individuell ausgerichtet, was bedeutet, dass grundsätzlich nur die von der Baubewilligung Betroffenen zur Beschwerde zugelassen werden. Bei Mobilfunkanlagen ist nach der Praxis des Bundesgerichts zur Beschwerde legitimiert, wer an einem Ort mit empfindlicher Nutzung einer anlagebedingten Strahlung von über zehn Prozent des Anlagegrenzwertes der NISV ausgesetzt sein kann.8 Dieser aufgrund einer komplizierten Formel berechnete Abstand ist selbstredend abhängig von der Sendeleistung der jeweiligen Anlage und beträgt je nach Fall einige hundert Meter.

Fazit
Allgemeine Beschwerden gegen die von Mobilfunkanlagen ausgehende Strahlung sind zurzeit aussichtslos. Die Baugesuchsunterlagen sollten aber dahingehend überprüft werden, ob alle bau- und umweltrechtlichen Vorschriften eingehalten sind.

  1. Vgl. betr. Standorte und Anzahl der Mobilfunk­anlagen die Übersichtskarte
  2. Vgl. dazu die vom Bundesrat geforderte Lockerung der aktuellen Grenzwerte
  3. Verordnung über den Schutz vor nichtionisierender Strahlung (NISV; SR 814.710)
  4. Vgl. BGE 126 II 399
  5. Vgl. BGE 141 II 245 E. 7.6 ff.
  6. Vgl. Art. 3 Abs. 3 NISV
  7. Vgl. Art. 11 NISV
  8. Vgl. BGE 128 II 168 E. 2.3.

Thomas Elmiger,

Rechtsdienst

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