Wertvolles Basler Mehrfamilienhaus mit neuartigem Wärmedämmputz saniert

Im Profil der ursprünglichen Fassade

Ein neuentwickelter Aerogel-Putz erreicht auch bei dünnen Schichten eine ausgezeichnete Dämmwirkung. Dies beweist die Sanierung eines Wohnhauses in der Stadt Basel. Dabei konnte die Energiebilanz des Gebäudes mit Baujahr 1911 massiv verbessert werden, ohne dass das Erscheinungsbild beeinträchtigt wurde.

Von Gregor Steinke | Bilder: Martin Zeller | April 2016

Hinter dem Südausgang des Basler SBB-Bahnhofs verläuft die Güterstrasse schnurgerade durch das Gundeldingerquartier. Die Nähe zum Stadtzentrum und eine gut ausgebaute Infrastruktur treffen auf den Charme des Gundeli-Quartiers, das derzeit stark im Umbruch ist. Das Mehrfamilienhaus an der Güterstrasse 81 reiht sich in die innerstädtische Blockrandbebauung ein. Die Eigentümerin, die Pensionskasse CoOpera, liess den charaktervollen Gründerzeitbau von 1911 umfassend erneuern, erweitern und energetisch verbessern.

Bis dreimal bessere Dämmwirkung

«Ziel war es, das Haus in seiner Erscheinung zu erhalten», erklärt Projektleiter Oliver Seidel vom Baubüro in situ, das schon im Vorfeld mit einer Machbarkeitsstudie betraut worden und anschliessend für die Ausführung verantwortlich war. Dies galt nicht nur äusserlich, auch die zahlreichen ursprünglichen Details im Innern wollte man bewahren, etwa die mit Holztäfer ausgekleideten Erker, die Eichenparkettböden sowie die Steinzeugfliesen in den Küchen. Obwohl das Objekt nicht als schützenswert eingestuft ist, wählten Bauherrschaft und Architekt ein behutsames Vorgehen und zogen die Denkmalpflege bei, um die baulichen Massnahmen an der Fassade zu definieren. Von Beginn weg war klar, dass sich dieses Objekt besonders gut für die Verwendung des Aerogel- Wärmedämmputzes eignet, der kurz vor Projektstart Anfang 2014 auf den Markt gekommen war. Der Putz wurde in Zu- sammenarbeit von Empa und der Firma Fixit entwickelt. Durch den Zuschlagstoff Aerogel entsteht eine offene, sehr feinporige Struktur, die zwei- bis dreimal besser isoliert als herkömmliche Wärmedämmputze.

Wärmeverluste massiv verringert

Zwar fehlten breit abgestützte Erfahrungswerte. Doch die Möglichkeit, eine energetische Gebäudeerneuerung mit der Bewahrung von historischer Substanz zu kombinieren, überzeugte. Aus denkmalpflegerischen Überlegungen waren die originalen Sandsteingewände der Fenster zu erhalten. Ein bestehender Randversatz erlaubte das Aufdoppeln mit einer zwei Zentimeter dünnen Sandsteinschicht. Die Profilierung der Fassade blieb somit erhalten, umso mehr als dieapplizierte Schicht aus Aerogel-Wärmedämmputz nur drei bis vier Zentimeter dick ist. Der Deckputz wurde im Kellenwurf aufgetragen, so dass sich die Charakteristik der neuen Fassade, abgesehen von der Farbgebung, kaum vom Original unterscheidet. Der Wärmeschutz der Gebäudehülle wurde aber nicht nur an der Strassenfassade, sondern in allen Teilen wesentlich verbessert: durch gut gedämmte Fenster, die Aufdoppelung der Wohnungseingangstüren sowie Isolierungen der Storenkästen, der Kellerdecke, der Hofdurchfahrt und beim Dach. Dank den verschiedenen Massnahmen verringern sich die Transmissionswärmeverluste um fast zwei Drittel. Genaue Verbrauchszahlenliegen jedoch erst nach der Heizperiode 2015/2016 vor.

Aufbringen des Aerogel-Putzes.

Auf der Hofseite erstellte man eine neue Raumschicht mit einer vollverglasten Holzbaufassade.

Die Sandsteingewände blieben erhalten. Sie konnten um zwei Zentimeter aufgedoppelt werden.

Grosszügiger Wohnbereich

Zur Gesamterneuerung gehörten zudem der Dachgeschossausbau und eine Wohnraumerweiterung. Eine neue vorgelagerte Raumschicht mit einer vollverglasten Holzbaufassade auf der Ebene der alten Balkone verleiht der Hofseite ein neues Gesicht, das sich komplett von dem der Strasse zugewandten unterscheidet. Während die strassenseitigen Zimmer sowie der Korridor keine Änderung erfuhren, wurde das ursprünglich vom Wohn raum her erschlossene, sehr enge Bad ohne WC in ein kompaktes, innenliegendes Bad transformiert. Dadurch konnte der Wohnbereich, der sich über Alt- und Anbau erstreckt, so grosszügig wie möglich belassen werden. Das bisher als Estrich genutzte Dachgeschoss baute man in eine 3-Zimmer- Wohnung aus, die über eine 27 Quadratmeter grosse Terrasse zum Innenhof verfügt. Die gesamten gebäudetechnischen Anlagen entsprachen nicht mehr den heutigen Anforderungen. Die Versorgung mit Öl und Gas wurde durch den Anschluss an das Fernwärmenetz der Industriellen Werke Basel ersetzt.

Wissenschaftliche Begleitung

Der Umbau der Güterstrasse 81 kann wegweisend für vergleichbare Objekte sein. «Weil das Gebäude kein Schutzobjekt ist, war es uns möglich, den neuen Wärmedämmputz mit denkmalpflegerischer Sorgfalt, aber ohne Risiko anzuwenden», resümiert Oliver Seidel. Diese Praxiserfahrung will das Architekturbüro nun nutzen und demnächst ein effektiv denkmalgeschütztes Haus mit dem Aerogel-Putz erneuern.
Die Pilotanwendung des Hochleistungswärmedämmsystems basiert auf einer Förderinitiative des Amts für Umwelt und Energie (AUE) Basel-Stadt, das die Umsetzung der 2000-Watt-Vision in der Pilotregion Basel vorantreiben will. Das Institut Energie am Bau, Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW), begleitet das kantonale Förderprogramm und die Pilotprojekte wissenschaftlich. Weitere Informationen unter www.2000-
watt.bs.ch.

Baudaten

Bauträgerin:

CoOpera Sammelstiftung, Ittingen

Architektur/Bauleitung:

Baubüro in situ, Basel

Monitoring:

Institut für Energie am Bau, Fachhochschule Nordwestschweiz, Muttenz

Herstellerin Putzsystem:

Fixit AG, Holderbank

Umfang:

4 Wohnungen, Ladenflächen, Innen- und Aussensanierung, Dachstock ausbau

Baukosten:

1,875 Mio. CHF total