
Sanieren im Kreislauf
Die Genossenschaft Herzetappe 10 hat ein denkmalgeschütztes Bauernhaus in Wald (ZH) konsequent nachhaltig saniert. Sie setzte auf Handwerk, Naturbaustoffe und ein alternatives Wohnkonzept.
Von Patrizia Legnini | Bilder: zVg | 2025/04
Welches Ziel wurde mit dem Bauvorhaben verfolgt?
Das Gebäude war stark sanierungsbedürftig. Ziel der Genossenschaft Herz-etappe 10 war es, das Haus basierend auf einem baugeschichtliches Gutachten umfassend und ökologisch zu sanieren und wieder bewohnbar zu machen. Während des dreijährigen Umbaus wurde der Fokus stark auf Kreislaufwirtschaft gelegt: Zum Einsatz kamen regionale und naturbelassene Baustoffe wie Mondholz, Lehm, Schafwolle und Hanf, die keine Kosten für spätere Generationen verursachen. Die Genossenschaft kooperierte dabei mit lokalen Handwerksbetrieben und organisierte Baustellen-Workshops, um das handwerkliche Wissen und das Verständnis für nachhaltiges Bauen zu fördern. Sogar Architekturstudent:innen aus Griechenland nahmen daran teil. Darüber hinaus fokussierte sie von Anfang an auf den Einbezug künftiger Bewohner:innen und das Entwickeln gemeinschaftlicher Wohnformen.
Welche Sanierungsarbeiten wurden vorgenommen?
Die Arbeiten umfassten bauliche und energetische Massnahmen. Da von der ursprünglichen Gebäudestruktur und Oberfläche aufgrund früherer Umbauten wenig erhalten geblieben war, wurden die einzigen verbliebenen Riegelwände wieder sichtbar gemacht und eine Holztragwand eingebaut. Um die Böden zu begradigen und die Geschosshöhen zu vergrössern, wurden die alten Geschossbalken geteilt und an neuen Trägern fixiert. Alle Innenwände wurden mit Lehmplatten verkleidet und mit Lehm verputzt und die Innenseiten der Aussenwände mit Täfer aus regionalem Mondholz verkleidet. In den Bädern kam Quarzit zum Einsatz. In den oberen Geschossen wurde mit Holzfasern und Hanf gedämmt; eine Schicht Schafwolle unter der Täferverkleidung unterstützt heute das Raumklima. Zudem wurden die Fenster aus lokalem Mondholz geschnitten, die alten Fenstergewände aus Sandstein durch neue ersetzt und der Dachraum ausgebaut.

Keine Folgekosten für kommende Generationen: Bei der Sanierung kamen ausschliesslich regionale Naturbaustoffe wie Mondholz, Lehm, Schafwolle oder Hanf zum Einsatz.

Grundrisse von vier Clustern im Obergeschoss.
Was wurde in Bezug auf die Energieversorgung und Nachhaltigkeit verbessert?
Das Projekt verfolgte einen konsequent ökologischen Ansatz, bei dem natürliche und lokal verfügbare Materialien verwendet wurden. Es wurden keine Kunststoffe und Gifte verbaut. Geheizt wird mit Pellets, das Warmwasser wird über eine Wärmepumpe aufbereitet. Das ganze Gebäude sowie die Elektroverkabelung wurden gegen Elektrostrahlung abgeschirmt, wodurch es auch für Menschen mit Elektrosensibilität bewohnbar ist.
Wie haben sich das Gebäude und der Aussenraum durch die Massnahmen verändert?
Ursprünglich war wieder eine Nutzung als Mehrfamilienhaus geplant. Allerdings machten Denkmal- und Brandschutzverordnungen dem Vorhaben einen Strich durch die Rechnung. So kam die Idee auf, das Projekt als Einfamilienhaus mit einzelnen Wohneinheiten umzusetzen. Entstanden ist nun ein Grosshaushalt mit neun Wohneinheiten, die 22 bis 46 Quadratmeter aufweisen und aus einem oder zwei Zimmern sowie einer Nasszelle bestehen. Gemeinsam genutzt werden neben der Küche ein grosser Wohn- und Essraum, das Dachgeschoss, ein Bad mit Sauna, ein Reduit im Erdgeschoss, ein Gemüsekeller, eine Werkstatt und der Garten. Die Umgebungsarbeiten werden in Kooperation mit den Mieter:innen umgesetzt.
Worin bestanden die grössten Herausforderungen?
Ein 250-jähriges Haus ist eine «Blackbox» – so zeigte sich etwa der Zustand der Konstruktion erst nach dem Rückbau. Aufgrund der spezialisierten Verarbeitung war auf der Baustelle viel Handwerk erforderlich. Die Baukosten erhöhten sich auch aufgrund der gestiegenen Materialpreise. Um Kosten einzusparen, kaufte die Genossenschaft etwa Küchen- und Sanitäranlagen direkt bei den Herstellern. Die Kommunikation mit Behörden, Verbänden, Nachbarn war herausfordernd, diejenige mit Banken nicht zielführend.
Welche Erkenntnisse nimmt man mit? Was würde man rückblickend anders machen?
Die Genossenschaft ist froh, dass sie ihr Eigenkapital durch Zeichnung von Anteilen durch Handwerker markant erhöhen konnte. In Zukunft würde sie diese Möglichkeit früher kommunizieren.
Baudaten
Bauträgerin
Genossenschaft Herzetappe 10, Wald
Architektur
Thomas Furter und Beat Feurer
Umfang
1 EFH mit 9 Wohneinheiten und 180m2 Gemeinschaftsflächen (Küche, Wohn- und Essraum, Réduit, Dachgeschoss, Bad mit Sauna, Gemüsekeller, Werkstatt und Garten)
Baukosten (BKP 1-5)
3,61 Mio. CHF
Finanzierung
Hypothek Stiftung Abendrot, Genossenschaftsanteile, Fördergelder von der Gemeinde Wald und Kanton Zürich
Mietzinsbeispiel
Wohnatelier DG West, 44,4 m²
1859 CHF exkl. NK
Das Gebäude
Das 250-jährige Doppelbauernhaus ist ein markantes Gebäude direkt an der Hauptstrasse in Ried, einer Aussenwacht von Wald im Zürcher Oberland. Es wurde im 18. Jahrhundert im Stil eines Winterthurer Stadthauses erbaut und bildet mit einem Flarzhaus und einer Scheune ein Ensemble. 30 Jahre lang wurde es als Asylzentrum genutzt. 2013 erwarb die Genossenschaft Herzetappe 10 das Gebäude und baute es im Austausch mit Heimatschutz und Gemeinde um.