Gemeinnützige Baugenossenschaft Cham (GBC) ist auf Zukunftskurs

Gelebte Gemeinnützigkeit

Die Gemeinnützige Baugenossenschaft Cham (GBC) setzt ihre sozialen Grundsätze im Vermietungsalltag in die Tat um. In der Gemeinde Cham (ZG) erfüllt sie deshalb seit über fünfzig Jahren eine wichtige Funktion. Vor einiger Zeit hat die GBC neue Organisationsstrukturen eingeführt und die Verwaltung professionalisiert. Mit einem Verdichtungsprojekt ist sie auch baulich auf der Höhe der Zeit.

Von Richard Liechti | Bilder: Lukas Schnurrenberger | August 2017

Nur wenige Minuten Bahn- oder Autofahrt trennen Cham vom Kantonshauptort Zug. Schon dies ist ein starkes Indiz, dass günstiger Wohnraum knapp ist. Im wirtschaftsstarken Zug, das qualifizierte Arbeitskräfte aus aller Welt anzieht, sind explodierende Immobilienpreise und der Mangel an Wohnungen für Normalverdiener ein Dauerbrenner. Dass Handlungsbedarf besteht, ist auch in bürgerlichen Kreisen unbestritten. So besitzt der Kanton Zug schon länger ein Wohnraumförderungsgesetz, das als beispielhaft gilt. In Baar und in Zug sind denn in den letzten Jahren neben dem boomenden privaten Wohnungsbau auch einige neue Genossenschaftssiedlungen entstanden. Noch wichtiger ist allerdings der ältere Bestand der Genossenschaften, bietet er dank günstigen Mieten doch auch Wohnraum für Wenigverdienende.

Für kinderreiche Familien und Betagte
So auch in Cham, mit 16 000 Einwohnern drittgrösste Gemeinde im Kanton. Die Gemeinnützige Baugenossenschaft Cham (GBC) stellt dort einen Sockelbestand an bezahlbaren Wohnungen sicher. Das entspricht den Zielen der Gründergeneration. Schon in den frühen 1960er-Jahren stellte man in Cham nämlich fest, dass die Wohnungsmieten stark anstiegen und für die unteren Einkommensschichten nicht mehr bezahlbar waren. Aus der Überlegung, dass der kommunale Wohnungsbau die Gemeinde überfordern würde, suchte man die Lösung auf privater Ebene – mit der Gründung einer Selbsthilfegenossenschaft auf gemeinnütziger Basis. Die am 3. Februar 1964 aus der Taufe gehobene Gemeinnützige Baugenossenschaft Cham war denn politisch auch breit abgestützt und genoss die Unterstützung des Gewerbes – beides gilt bis heute.
1966 stellte man die erste Siedlung fertig. Danach wuchs die Genossenschaft kontinuierlich bis zum heutigen Bestand von 240 Wohnungen an sieben Standorten. Zielpublikum der Genossenschaft sind einerseits kinderreiche Familien, andererseits alte Menschen. Der Bedarf sei enorm, versichert GBC-Geschäftsführerin Ruth Dössegger. An die 300 Namen stünden auf der Interessentenliste. Die Mietpreise liegen weit unter dem Markt: So kosten etwa frisch sanierte Alterskleinwohnungen ab rund 730 Franken netto monatlich oder Familienwohnungen ab 1025 Franken – ohne Subventionierung. Und wenn es bei anderen Baugenossenschaften bisweilen heisst, Einzimmerwohnungen seien nicht mehr gefragt, trifft dies auf die GBC überhaupt nicht zu. «Es gibt immer wieder Menschen in Notsituationen, die froh um eine solch günstige Kleinwohnung sind», erläutert Ruth Dössegger. Hier biete man auch Hand für die Zusammenarbeit mit der Gemeinde und anderen sozialen Institutionen.

So wird der Zwischenbau (grau) die beiden bestehenden Häuser verbinden.

Freiwillig der Wohnraumförderung unterstellt
Tatsächlich achtet die Genossenschaft darauf, dass die Wohnungen in die richtigen Hände kommen. Wer eine Vierzimmer-Familienwohnung will, muss mindestens zwei Kinder haben, für die Fünfzimmerwohnung sogar drei. Zudem ist der Grossteil der Objekte dem Zuger Wohnraumförderungsgesetz (WFG) unterstellt. Dies bedeutet, dass Mieterinnen und Mieter mit tiefem Einkommen und wenig Vermögen eine Vergünstigung des Mietzinses erhalten. Sie beträgt im Fall einer Zweizimmerwohnung rund 135 Franken – das ist nicht wenig, wenn jemand nur mit der AHV-Rente auskommen muss.
Dafür nimmt die Genossenschaft einen beträchtlichen Aufwand in Kauf. Nicht nur dass die finanziellen Verhältnisse der Mieter alle zwei Jahre überprüft werden müssen. Für WFG-Objekte gelten auch besondere Vorschriften, etwa bezüglich Wohnungsgrössen und -ausstattung, sowie maximale Anlagekosten, die bei Bauvorhaben eingehalten werden müssen. Rund 150 Wohnungen, also mehr als die Hälfte des Bestandes, werden derzeit auf diese Weise verbilligt.

Aufgabenbereiche klar definiert
Eine weitere Besonderheit: Die Mieterinnen und Mieter der GBC können Genossenschaftsmitglied werden, müssen dies aber nicht. Wohnungsanteilscheine gibt es somit keine – aus einem einfachen Grund: «Viele unserer Mieter könnten sich das gar nicht leisten», weiss Ruth Dössegger. In Härtefällen verzichte man sogar auf das übliche Mietzinsdepot. Scheuklappen kennt man keine: Auch Menschen aus anderen Kulturen leben bei der GBC – und zwar neuerdings auch im Altersbereich, wo sie bisher kaum vertreten waren.
Trotz dem erhöhten Verwaltungsaufwand besass die GBC noch vor einigen Jahren keine professionelle Geschäftsstelle. Zwar hatte man einen Verwalter eingesetzt, doch waren dessen Kompetenzen eingeschränkt, da die Geschäftsleitung vom Präsidenten wahrgenommen wurde. Der Aufwand, den man betrieben habe, sei riesig gewesen, erinnert sich Ruth Dössegger. So habe der Vorstand etwa gemeinsam die Plättli für die Renovationswohnungen ausgewählt. All dies änderte sich, als Toni Luginbühl das Präsidentenamt übernahm. In einer Klausurtagung habe man sich überlegt: Wo soll es hingehen? Bald sei von Wachstum die Rede gewesen. Dafür aber waren neue, zukunftsorientierte Strukturen nötig.
Als wichtigsten Punkt setzte der Präsident die klare Trennung von strategischer und operativer Ebene durch. Unter der Leitung von Ruth Dössegger ist heute ein Dreierteam mit insgesamt 135 Stellenprozenten für Administration, Buchhaltung und das Vermietungswesen verantwortlich. «Das funktioniert hervorragend», erklärt Josef Huwyler, der das Präsidentenamt dieses Frühjahr von Toni Luginbühl übernommen hat und vorher als Finanzverantwortlicher im Vorstand mitgearbeitet hatte. Die Geschäftsführerin verfüge nun über ein Budget, innerhalb dessen sie frei entscheiden und damit auch unternehmerisch auftreten könne. Auch die Vermietung laufe strikt über die Geschäftsstelle, die dabei die Entscheidungskompetenz besitze. Klar sei aber, dass die operative Seite auch über die nötigen personellen Ressourcen verfügen müsse.

Die GBC-Anlässe in den Altersliegenschaften sind gut besucht. Im Bild: fröhliche Kaffeerunde mit selbst-gebackenem Kuchen in der Liegenschaft Mugerenstrasse.

Kommunikation gegen innen und aussen
Die Mieterinnen und Mieter der GBC profitieren nicht nur von guter Wohnqualität zu bezahlbaren Preisen, sondern auch von einem reichen Gemeinschaftsleben. Das Interesse an Anlässen wie der Weihnachtsfeier sei riesengross, hat Genossenschaftspräsident Josef Huwyler festgestellt – doch auch im Alltag herrsche eine gute Stimmung unter den Mietern. Zu verdanken sei dies auch dem grossen Engagement der Geschäftsführerin, die nicht nur organisatorisch wirke, sondern den persönlichen Kontakt mit den Mieterinnen und Mietern pflege.
Das hat sich auch bei Konflikten bewährt. «Wenn etwas ist, gehe ich oft direkt vorbei», erklärt Ruth Dössegger. So erfahre man rasch, wo der Schuh drücke, und finde eine unkomplizierte Lösung. Dabei unterstreicht die Geschäftsführerin auch die wichtige Rolle der Hauswartinnen und Hauswarte, wobei die GBC auf das bewährte Modell der Hauswartehepaare setzt. Bezüglich Kommunikation ist auch die Website zu erwähnen, die stets aktuell ist und eine Fülle von Informationen bietet – bei Baugenossenschaften leider längst nicht selbstverständlich. Ein professioneller Auftritt und die Imagepflege sind Vorstand und Geschäftsführerin wichtig. «Man soll uns im Ort kennen», bekräftigt Ruth Dössegger. Dies ist nicht zuletzt wichtig, um auch mal zum Zuge zu kommen, wenn Liegenschaften im Ort die Hand wechseln.

Verdichtung ja, Ersatzneubau nein
Bei Zukäufen sieht Präsident Josef Huwyler denn auch Wachstumspotential für die Genossenschaft. So hat man vor zwei Jahren bereits ein Achtfamilienhaus erwerben können. Doch nicht nur das: In der zentral gelegenen Siedlung Enikerweg setzt die GBC ein Verdichtungsprojekt um, das ganz den raumplanerischen Forderungen unserer Zeit entspricht. Die Überbauung besteht aus drei Wohnblöcken mit rund sechzig Vierzimmerwohnungen, die sich um einen grosszügigen Grünraum gruppieren. Mit einer Aussensanierung, die insbesondere eine zusätzliche Dämmung der Gebäudehülle umfasste, sowie Verbesserungen im Innenbereich hat die GBC die fünfzigjährigen Häuser bereits fit für die nächsten zwanzig Jahre gemacht. Vorgängig hatte der Vorstand auch die Frage eines Ersatzes geprüft, diese einschneidende Massnahme aber verworfen, um den günstigen Wohnraum zu erhalten.
Auch ohne Rückbau bietet die Siedlung Enikerweg jedoch Verdichtungspotential. Zwischen zwei Längsbauten will die GBC einen Eckneubau einsetzen. Gleichzeitig wird sie mit der Erstellung einer Tiefgarage mit sechzig Plätzen die umliegenden Strassen von parkierten Autos entlasten. Die 13 altersgerechten kleineren Wohnungen im Neubau werden wiederum dem Wohnraumförderungsgesetz unterstellt, so dass die Mietzinse verbilligt werden können. Der Zuwachs soll prioritär dazu dienen, dass Mieterinnen und Mieter, deren Kinder ausgeflogen sind, von Familienwohnungen in kleinere Einheiten wechseln. Damit werden wieder Wohnungen für junge Familien frei. So dass noch mehr Menschen vom gemeinnützigen Wohnungsangebot in Cham profitieren.

www.gbc-cham.ch