ABZ stellt Siedlung Glattpark in Opfikon (ZH) mit rund 300 Wohnungen fertig

Ein Gewinn für das ganze Quartier

Seit diesem Sommer ist sie fertig – die Siedlung Glattpark der Allgemeinen Baugenossenschaft Zürich (ABZ). Sie bietet über 800 Menschen ein bezahlbares Zuhause, wird unterschiedlichen Wohnbedürfnissen gerecht und erfüllt hohe Anforderungen an die Nachhaltigkeit. Doch sie will auch dazu beitragen, dass sich das neue Quartier vor den Toren Zürichs mit Leben füllt.

Von Ingrid Diener | Bilder: Michael Egloff | November 2019

Wo früher Torf- und Sumpflandschaft vorherrschte, ist in den letzten 15 Jahren ein neuer Stadtteil mit Wohn- und Bürohäusern entstanden, der Raum für jeweils rund 7000 Wohn- und Arbeitsplätze bietet: der Glattpark. Der Weg dahin war lang. Immer wieder kamen neue Ideen auf, wie das Gebiet Oberhauserriet in der Gemeinde Opfikon zwischen Zürich Nord und Flughafen genutzt werden könnte: 1910 war etwa ein Zeppelinlandeplatz im Gespräch, 1920 eine Hafenanlage, 1970 ein Depot und Werkstätten einer U-Bahn, 1980 ein Industrieareal mit 25 000 Arbeitsplätzen und 1990 ein Sportstadion. 2001 kam es schliesslich zu einem Zusammenschluss von rund 20 Eigentümern, die aus der 30 Hektaren grossen Fläche einen neuen Stadtteil mit Wohnraum, Infrastruktur und Gewerbe sowie einen Park mit See entwickelten.

Bezahlbaren Wohnraum schaffen
Knapp 20 Jahre später durfte die Allgemeine Baugenossenschaft Zürich (ABZ) ihre jüngste Siedlung in diesem Stadtteil einweihen. Sie konnte das Grundstück von der Stadt Zürich durch ein Tauschgeschäft erwerben, indem sie ihr die Siedlung Erikastrasse in Zürich Wiedikon im Baurecht abgab. An der ausserordentlichen Generalversammlung im November 2011 hiessen die ABZ-Genossenschafterinnen und -Genossenschafter diese Vereinbarung gut.
Mit der Siedlung Glattpark möchte die ABZ einen Beitrag zu einem lebendigen Quartier leisten und zu einer vielfältigen Vernetzung einladen. «Wir wollen zudem unterschiedlichen Wohnbedürfnissen gerecht werden und allen, von Familien über Singles bis zu Wohngemeinschaften und älteren Menschen, ein Zuhause bieten», sagt Hans Rupp, ABZ-Geschäftsführer. Nathanea Elte, ABZ-Präsidentin, ergänzt: «Wir verfolgen ein Konzept der offenen Siedlungen, wo eine Integration von unterschiedlichen Menschen stattfinden kann. Darüber hinaus ist es unser Ziel, möglichst vielen Menschen bezahlbaren Wohnraum in und um Zürich zu bieten.»

Die Siedlung von der Glattparkstrasse aus. 

TU früh einbezogen
Um ein geeignetes Projekt zu finden, lud die ABZ acht Architekturbüros zum Studienauftrag ein. Die neue Siedlung sollte eine hohe Wohnqualität für unterschiedliche Menschen, eine gute Wirtschaftlichkeit in Erstellung, Betrieb und Unterhalt sowie einen höchstmöglichen Standard bezüglich Nachhaltigkeit aufweisen. Aus dem Wettbewerb gingen Pool Architekten und das Studio Vulkan Landschaftsarchitektur, beide aus Zürich, als Sieger hervor. Ihr Projekt überzeugte mit seiner städtebaulichen Qualität, mit der Verknüpfung der nördlichen und der südlichen Bauten durch den Quartierplatz und den Durchgängen im Erdgeschoss. Zudem wies das Wohnungsangebot überzeugende Grundrisse auf, der Aussenraum hatte ein klares, solides Grundgerüst, und auch bezüglich Nachhaltigkeit schnitt das Projekt positiv ab. An der ausserordentlichen Generalversammlung im Oktober 2015 stimmten die Genossenschafterinnen und Genossenschafter dem Neubau zu.
Kurz nach dem Wettbewerb führte die ABZ das Totalunternehmen HRS Real Estate AG ins Bauprojekt ein. «Das tun wir bewusst in einer frühen Projektphase», sagt Roger Nägeli, Projektleiter Bau bei der ABZ. «So ist das Know-how des Totalunternehmens bereits in der Projektplanung und nicht erst in der Projektausführung vorhanden.» Die HRS hatte dafür ein zweistufiges Evaluationsverfahren durchschritten. Ausschlaggebend waren einerseits die Baukosten und andererseits die Schlüsselpersonen und Prozesse auf Seiten des Totalunternehmens. Die ABZ verfügt zudem über ein eigenes Vertragswerk für die Zusammenarbeit mit Totalunternehmen – vieles ist dabei schon vordefiniert. Dies sowie das interne Know-how führen dazu, dass die ABZ so günstig bauen kann.

Neben dem zentralen Genossenschaftsplatz besitzt die Siedlung zwei halböffentliche grüne Höfe.

Hohe Anforderungen an Nachhaltigkeit
Der Neubau setzt sich aus zwei ähnlichen Längsbauten senkrecht zum See, einem Winkelbau und einem Hofbau zusammen. Kopfausbildungen sowie Balkon- und Treppenhaustürme gliedern den Baukörper. Die Gestaltung der Fassade nimmt diese Gliederung auf und zeichnet eine feinere Struktur nach. «Dadurch entsteht ein eigenständiger Ausdruck, der einen prägnanten Abschluss des Quartiers bildet», sagt Roger Nägeli. Die Siedlung erfüllt die Anforderungen ans nachhaltige Bauen und erreicht die Zielwerte von Minergie-P Eco und der 2000-Watt-Gesellschaft. Die Energieversorgung erfolgt durch Fernwärme der Kehrichtverbrennungsanlage Hagenholz. Diese wird voraussichtlich 2020 durch die Installation einer Photovoltaikanlage auf den Dächern ergänzt.
Die 284 Wohnungen verfügen über eineinhalb bis achteinhalb Zimmer und sind zwischen 31 und 184 Quadratmeter gross. Entsprechend vielseitig sind die Grundrisse: Sie bewegen sich von der klassischen Familienwohnung mit Korridor und Zimmer an Zimmer bis zur offenen Wohnung, in der Eingangsbereich, Küche sowie Ess- und Wohnzimmer einen Raum bilden. Wegen des nahen Flughafens erfüllen die Wohnungen erhöhte Schallschutzanforderungen gemäss SIA, besitzen eine kontrollierte Lüftungsanlage und dreifach isolierte raumhohe Fenster. Küche und Bad sind funktional und energieeffizient gestaltet, etwa mit Küchen­geräten mit mindestens Energieeffizienzklasse A+ und LED-Leuchten.

Knackpunkt Gewerberäume
Gemäss Roger Nägeli sind die Wohnungen bewusst knapp geschnitten. Damit werden einerseits die günstigen Mieten ermöglicht, andererseits wird weniger Energie verbraucht. Die kleinflächigen Wohnungen bedeuten aber keine Qualitätseinbusse. Der Grund sind gemeinschaftlich nutzbare Räume: In der Siedlung Glattpark bestehen Gemeinschaftsräume, Ateliers, Bastelräume, Separatzimmer und Gästewohnungen. Zudem sind im Erdgeschoss Gewerbetreibende eingezogen, etwa ein Kindergarten und eine Kinderkrippe, ein Restaurant, ein Coiffeur, ein Reisebüro und ein Kosmetikstudio.
«Bei der Vermietung der Gewerberäume achten wir darauf, dass sich die Unternehmen mit ihren Produkten und Dienstleistungen an die Menschen im ganzen Quartier richten», sagt Aurelia Pescador, Teamleiterin Vermietung und Mitgliederdienste bei der ABZ. Die Genossenschaft stand bei der Vermietung der Gewerberäume aber Herausforderungen gegenüber: Zwar bestand grosses Interesse, eine Vielfalt der Dienstleister fehlte jedoch. «Hauptsächlich Anbieter aus den Bereichen Food und Kosmetik meldeten sich», sagt Aurelia Pescador. «Unser Ziel war aber ein möglichst breites Dienstleistungsangebot.» Zudem sei es für kleine Gewerbetreibende und Start-ups schwierig, sich die Flächen vor Fertigstellung des Baus vorzustellen oder etwa anderthalb Jahre im Voraus zu planen. «Wer eine Fläche mietet, möchte seinen Betrieb gleich starten. Unter anderem deshalb läuft die Vergabe einiger Gewerbe­flächen bis heute.»

Einblicke in eine Küche und Bad sowie das Treppenhaus.

Onlinevermietung mit Rücksicht auf Ältere
Das Gewerbe und die Wohnungen werden durch einen 2,1 Hektaren grossen Aussenraum ergänzt. Das Studio Vulkan Landschaftsarchitekten konzipierte drei Siedlungsräume: zwei grüne Höfe und den Genossenschaftsplatz. Letzterer erschliesst die ganze Siedlung und funktioniert als Verbindungsglied zwischen dem Park und der Strassenerschliessung ins Quartier. Bewohnerinnen und Bewohner sowie Besucher kommen dort an, der grosse Gemeinschaftsraum grenzt ebenfalls daran. Während der Genossenschaftsplatz eine eher öffentliche Wirkung hat, zeigen sich die beiden Innenhöfe als halbprivate, geschützte Bereiche. Dort halten sich die Bewohnerinnen und Bewohner auf, und Kinder haben Platz zum Spielen. «Sowohl die Höfe als auch der Genossenschaftsplatz tragen so zu einem lebendigen Quartier bei», sagt Nathanea Elte.
Mit Leben füllte sich die Siedlung Glattpark schliesslich durch die beiden Bezugs­etappen zwischen Oktober und Dezember 2018 und Juni bis Juli 2019. Heute wohnen über 800 Menschen dort: Drei Viertel sind Neumitglieder der ABZ, die Hälfte sind Familien, 20 Prozent Alleinstehende, 16 Prozent Paare und 15 Prozent Alleinerziehende. Sie alle hatten sich online beworben, da die ABZ auf ein Onlinebewerbungsverfahren zurückgriff. Eine Ausnahme gab es für Menschen ab 65 Jahren: Für sie blieb einerseits das Bewerbungsfenster einen Monat länger offen, andererseits bot ihnen die Genossenschaft Hilfe beim Ausfüllen der Bewerbungsunterlagen. 22 Wohnungen waren für diese Gruppe reserviert.

Bunte Bewohnerschaft
Bei der ABZ kommen klare Vermietungsrichtlinien zum Einsatz, denn sie möchte eine ausgewogene soziale Durchmischung der Mieterschaft sicherstellen. Aufgrund des mit 1800 Bewerbungen sehr hohen Interesses an den Wohnungen entschied letztlich das Los über die Vergabe. Dabei wurden ebenfalls soziale Institutionen berücksichtigt: In Partnerschaft mit der Sozialabteilung der Stadt Opfikon wurden vier Wohnungen an Sozialhilfeempfänger vergeben, sieben weitere gingen an andere soziale Institutionen. Subventionierte Wohnungen bestehen hingegen keine, weil die Gemeinde Opfikon diese nicht vorsieht.
Die neuen ABZ-Bewohnerinnen und -Bewohner – ob jung oder alt, Ingenieurin oder Bus­chauffeur, Alleinerziehende oder Familienmitglied – sind so vielfältig wie die Ideen zur Nutzung des Oberhauserriets in der Vergangenheit. Sie werden gemeinsam mit ihrer Nachbarschaft die Geschichte des noch jungen Quartiers Glattpark schreiben. Sie werden es prägen und zu einem lebenswerten Raum machen.

Baudaten

Bauträgerin:
Allgemeine Baugenossenschaft Zürich (ABZ)
Architektur:
Pool Architekten, Zürich
Landschaftsarchitektur:
Studio Vulkan, Zürich
Totalunternehmung:
HRS Real Estate AG, Frauenfeld
Umfang:
284 Wohnungen, 2 Gemeinschaftsräume,
2 Gästewohnungen, 3 Projekträume für Mitwirkung, 18 Bastelräume, 8 Ateliers, 21 Separatzimmer, 1 Doppelkinder­garten

1 Kinderkrippe, 330 m2 Gewerbefläche, 1 Restaurant, 190 Parkplätze in Tiefgarage (20 Prozent der Stellplätze für E-Mobilität ausbaubar), 720 Veloparkplätze
Baukosten (BKP 1–5):
100 Mio. CHF total
3480 CHF/m² HNF
Mietzinsbeispiele:
2 ½-Zimmer-Wohnung (3. OG, 62,3 m2):
996 CHF plus 110 CHF NK
3 ½-Zimmer-Wohnung (4. OG, 79,8 m2): 1323 CHF plus 120 CHF NK
4 ½-Zimmer-Wohnung (1. OG, 107,5 m2): 1496 CHF plus 130 CHF NK