Myriam Vorburger,
Rechtsdienst
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Der Rechtsdienst beschäftigt sich immer wieder mit Fällen, in denen die Nebenkostenabrede Streitgegenstand ist, da Mieter bereits bezahlte Nebenkosten zurückfordern. Diesen Rückforderungsklagen muss oft nachgegeben werden, obwohl Genossenschaften dies als stossend empfinden. Im ungünstigsten Fall muss die Genossenschaft Nebenkosten der letzten zehn Jahre zurückzahlen – obwohl diese beim betreffenden Mietobjekt tatsächlich angefallen sind.
Fordern mehrere Mieter Nebenkosten zurück, kann dies Genossenschaften in beachtliche Liquiditätsschwierigkeiten stürzen, da sie derartige Risiken nicht wie andere Wohnbauträger mit der Rendite abfedern können. Genossenschaften legen ihre Mietzinse aufgrund der Kosten fest, eine eigentliche Rendite wird nicht erwirtschaftet. Deshalb sollten und müssen separat in Rechnung gestellte Nebenkosten bezahlt und das Risiko einer Rückforderung minimiert werden.
Das Bundesgericht hat in ständiger Rechtsprechung strenge Vorgaben aufgestellt, wie eine rechtsgültige Nebenkostenabrede auszugestalten ist, damit sie den Mieter möglichst vor unvorhersehbaren Kosten zu schützen vermag. Die Fallstricke rund um die Nebenkostenabrede sollen wieder einmal in Erinnerung gerufen werden. Ausserdem wird kurz erörtert, ob diese strengen Vorgaben des Bundesgerichts auch für Mietverhältnisse gelten, die von der öffentlichen Hand gefördert und deren Mietzinse von dieser Behörde kontrolliert werden.1
Akribische Auflistung nötig
Gemäss Art. 257a Abs. 2 OR muss ein Mieter Nebenkosten nur bezahlen, wenn er dies mit dem Vermieter besonders vereinbart hat. Nebenkosten, die nicht nach den strengen Voraussetzungen des Bundesgerichts vereinbart werden, gelten als im Nettomietzins inbegriffen.2 Das Bundesgericht verlangt aus diesem Grund in mehrfach bestätigter Rechtsprechung, dass Nebenkostenpositionen einzeln auszuscheiden und genau zu bezeichnen seien. Bezeichnungen wie «Allgemeine Nebenkosten» genügen dieser Anforderung nicht.3 Bei der Auflistung ist auch bei genauerer Beschreibung akribisch darauf zu achten, was unter einer aufgeführten Nebenkostenposition verstanden wird. So sind zum Beispiel Warmwasserkosten nicht rechtsgenügend vereinbart und somit vom Mieter nicht geschuldet, wenn die Vermieterin im Mietvertrag ausdrücklich nur die Heizkosten vereinbart hat, und zwar selbst dann nicht, wenn das Warmwasser mittels eines zentralen Heizsystems aufbereitet wurde.4
Ausserdem wird verlangt, dass die Nebenkostenpositionen direkt auf dem Mietvertrag aufgeführt sind.5 Das bedeutet, dass eine Auflistung in «Allgemeinen Bestimmungen» zum Mietvertrag dieser Anforderung nicht standhält. Dies gilt auch dann, wenn der Mieter die «Allgemeinen Bestimmungen» unterzeichnet. Zulässig ist nur, die im Mietvertrag genau bezeichneten Positionen noch in den «Allgemeinen Bestimmungen» zu konkretisieren.6
Nur tatsächlich anfallende Posten aufführen
Genossenschaften, die nun im Nachgang der eben gemachten Ausführungen eine lange Liste von Nebenkosten im Mietvertrag festhalten, damit auch ja nichts vergessen geht, setzen sich aber ebenfalls dem Risiko von Rückforderungsklagen aus. Denn wenn einige Nebenkosten beim betreffenden Mietobjekt nicht anfallen, obwohl die Nebenkostenposition aufgeführt ist, kann die ganze Nebenkostenabrede nichtig sein. Sollte eine Liegenschaft also über keinen Lift verfügen, wird aber die Position Liftservice im Mietvertrag erwähnt, kann der Mieter alle – auch die korrekt aufgeführten – Nebenkosten der letzten zehn Jahre zurückverlangen, soweit allfällige weitere Voraussetzungen gegeben sind. Diese auf den ersten Blick stossende Praxis wird damit begründet, dass sich ein Mieter ein genaues Bild machen können muss, welche Nebenkosten im von ihm bewohnten Objekt anfallen. Genossenschaften sollten deshalb auch darauf achten, im Mietvertrag aufgeführte Nebenkostenpositionen auch tatsächlich in Rechnung zu stellen.
Spezialfall geförderte Wohnungen
Wie verhält es sich aber betreffend Nebenkostenabrede, wenn die Wohnung von der öffentlichen Hand gefördert und deren Mietzins von dieser Behörde kontrolliert wird? Verschiedene Rechtsgrundlagen für geförderte und kontrollierte Wohnungen enthalten eine explizite und abschliessende Auflistung von zulässigen Nebenkostenpositionen.7/8 Wenn ein Mietvertrag unter dem Titel Nebenkosten «Nebenkosten gemäss WEG» festhält und dazu das vom Bundesamt für Wohnungswesen erstellte Informationsblatt9 beiliegt, in dem die Nebenkosten aufgelistet sind, und hernach nur diese Nebenkosten in Rechnung gestellt werden, sollte dies eine rechtsgültige Nebenkostenabrede darstellen.
Das Bundesgericht hat dies in einem ähnlichen Entscheid verneint mit der etwas oberflächlichen Begründung, es sei nicht einzusehen, weshalb der Schutz des Mieters, der im OR gilt, nicht auch bei geförderten und kontrollierten Mietverhältnissen gelten solle.10 Ich bin der Ansicht, dass dieser Schutz, dass ein Mieter bei Vertragsbeginn weiss, mit welchen Kosten er zu rechnen hat, bereits dadurch gewährleistet ist, dass eine öffentliche Behörde den Mietzins kontrolliert und der Mieter zudem aus einem generell abstrakten Gesetz eine im Gegensatz zum OR abschliessende Aufzählung der Nebenkosten entnehmen kann. Wenn dann auch noch ein Informationsblatt, erstellt von einer öffentlichen Behörde, beigelegt wird, kann der Mieter sehr wohl abschätzen, welche Nebenkosten ihm in Rechnung gestellt werden.11 Ausserdem wird durch das entsprechende Förderungsgesetz genau definiert, welche Positionen als Nebenkosten ausgeschieden werden dürfen und eben nicht – unter der Prämisse der Kostenmiete – im Nettomietzins enthalten sind. Daher greift die Vermutung, die im OR gilt, nicht, dass alles, was nicht als Nebenkosten ausgeschieden wird, als im Nettomietzins inbegriffen gilt.
Auf Nummer sicher gehen
Auch wenn ich klar der Ansicht bin, dass Art. 257a Abs. 2 OR sowie die dazugehörige höchstrichterliche Rechtsprechung nicht auf von der öffentlichen Hand geförderte und kontrollierte Objekte angewendet werden darf, sofern eine spezielle Rechtsgrundlage betreffend die Nebenkosten besteht, sollten doch wenn möglich die strengen Voraussetzungen der OR-Mietverhältnisse eingehalten werden. Es ist zu empfehlen, die Nebenkosten einzeln auf dem Mietvertrag aufzuführen und mit dem Mieter schriftlich zu vereinbaren. Genossenschaften sollten sich überlegen, diesen Vorgaben nicht entsprechende Nebenkostenabreden allenfalls entsprechend abzuändern.12
Allerdings würde dies mit dem Risiko geschehen, dass Mieter bereits bezahlte Nebenkosten zurückfordern könnten. Es ist der Genossenschaft überlassen, ob sie aktiv den rechtmässigen Zustand herbeiführen oder mit dem Risiko von Rückforderungsklagen leben möchte. Es ist dem einzelnen Genossenschafter überlassen, ob er von seinem Rückforderungsrecht Gebrauch machen will oder im Sinne der Solidarität die tatsächlichen Kosten der Genossenschaft mitzutragen bereit ist.