ETH-Professor Philippe Thalmann über die brennenden Fragen im Schweizer Wohnungswesen

«Genossenschaften haben ganz klar eine preis­dämpfende Wirkung»

Der Immobilienmarkt in der Schweiz läuft Gefahr, aus dem Lot zu laufen. Gleichzeitig fehlt es nach wie vor an bezahlbarem Wohnraum. Doch auch ­drängende Zukunftsfragen wie die Überalterung oder der Klimawandel stellen das Wohnungswesen vor Herausforderungen. Philippe Thalmann, der an der ETH Lausanne zu einem breiten Themenspektrum rund um die Stadt- und Umweltökonomie forscht und lehrt, kennt die Brennpunkte.

Interview: Richard Liechti | Bilder: Patrick Clémençon, zVg | April 2019

Wohnen: Sie beschäftigen sich in Ihrer Lehr- und Forschungstätigkeit unter anderem mit dem Immobilienmarkt. Sorge bereiten hier derzeit die steigenden Wohnungsleerstände und die unverändert hohe Bautätigkeit. Wird es in diesem Tempo weitergehen?

Philippe Thalmann: Betrachtet man die Statistiken – und zwar sowohl der im Bau befindlichen Wohnungen als auch der Baubewilligungen –, deutet nichts darauf hin, dass sich bald etwas ändert. Auch der Anlagedruck seitens Pensionskassen und anderer Investoren ist unverändert gross. Was an der jetzigen Situation speziell ist: Weil die Zinsen so tief sind, ist der Druck auf die Anbieter, ihre Wohnungen überhaupt zu vermieten, viel geringer. Normalerweise schlagen die Finanzierungskosten neben dem Unterhalt am meisten zu Buche. Im Moment liegen diese aber bei null, ja, wer viel Geld hat, bezahlt sonst sogar Negativzinsen. Der Investor kann also ohne Weiteres zuwarten bis zur Vollvermietung. Das ist mit ein Grund, warum sogar an Orten mit hohem Leerstand noch mehr Wohnungen entstehen. Kurz: Solange die Zinsen nicht steigen, wird sich nichts ändern.

Von den hohen Leerständen sind zwar nur bestimmte Regionen betroffen. Trotzdem zeigt die Statistik, dass die Mieten nach vielen Jahren des Anstiegs nun auf breiter Front gesunken sind. Ist das der Beginn einer Trendwende?

Dieser Rückgang betrifft vorderhand die Angebotsmieten, die am schnellsten auf die Konjunktur reagieren. Die Bestandesmieten hätten zwar gemäss Mietrecht schon längst sinken müssen. Hier handelt es sich aber nicht um einen liquiden Markt in dem Sinne, dass ein Vermieter die Preise jeden Monat anpasst. Anders bei den Wohnungen, die auf den Markt kommen: In gewissen Teilen der Schweiz haben die Mieter inzwischen die Wahl, sie können verhandeln und die Preise beeinflussen. Deshalb sinken nun die Angebotsmieten – und die Bestandesmieten werden irgendwann folgen.

In Städten wie Genf oder Zürich ist die Nachfrage immer noch gross. Gleichzeitig besteht ein tiefer Graben zwischen Angebots- und Bestandesmieten. Viele langjährige Mieter wohnen auch in der Stadt günstig. Wie gross ist der Wohnungsmangel in den Ballungsräumen tatsächlich?

Diese Frage ist insofern schwer zu beantworten, als es nicht einen Bestand von Wohnungssuchenden gibt, den man mit dem Angebot vergleichen könnte. Vielmehr reagiert die Nachfrage höchst flexibel. Und die Städte sind wieder attraktiv. Wenn auf einmal im Zentrum von Lausanne oder Zürich mehr günstige Wohnungen zur Verfügung stehen, dann zieht das Leute von weit her an, die vielleicht sonst in die Stadt pendeln müssten. Also gilt: Je entspannter der Markt, umso mehr zieht die Nachfrage an. Von daher wird der Nachfrageüberhang in den Städten nicht so schnell verschwinden. In der Peripherie ist es genau umgekehrt – dort kann die Nachfrage sehr rasch zurückgehen.

Philippe Thalmann (55) hat Volkswirtschaft an der Universität Lausanne studiert und an der Universität Harvard den Doktortitel erworben. Er lehrte an den Universitäten Genf und Lausanne, bis er 1994 zum Extraordinarius für Bauökonomie an der ETH Lausanne berufen wurde. Heute steht Philippe Thalmann dem Laboratoire d’économie urbaine et de l’environ­nement (Leure) an der ETH Lausanne vor. Sein Lehrstuhl lehrt und forscht in einem breiten Themenbereich, der von Fragen des Immobilienmarkts und der Wohnpolitik bis zur Klimafrage reicht. Seit 2011 ist Philippe Thalmann Präsident der Eidgenössischen Kommission für Wohnungswesen (EWK).

Wie viel sagt die Leerstandsquote überhaupt über den Wohnungsmarkt aus?

Ich habe Veränderungen der Angebotsmieten mit der Leerstandsquote verglichen. Rein statistisch ist der Wohnungsmarkt in der Schweiz bei einem Leerstand um 1,2 Prozent stabil, dann haben wir keine Engpässe mehr. Mit der aktuellen Leerstandsquote von 1,6 Prozent besteht derzeit tatsächlich schweizweit ein Gleichgewicht. Wenn wir jedoch die lokalen Märkte anschauen, sehen wir grosse Unterschiede. So haben wir in den Städten eine hohe Mobilität, was sich in der grossen Rotationsquote bei den Mietwohnungen niederschlägt. Das bedeutet, dass ständig Leute auf der Wohnungssuche sind, aber auch ständig Wohnungen auf den Markt kommen. Auf einem Markt, der sehr liquid ist, kann man also auch ein Gleichgewicht haben, wenn praktisch keine Wohnungen leer stehen. Doch noch etwas ist wichtig: Wir haben auch die Menschen befragt, wie sie die Wohnungssituation empfinden. Dabei zeigte sich, dass das Bewusstsein für die Wohnungsnot dort besonders gross war, wo viele Menschen auf der Wohnungssuche sind. Man hat also in vielen Städten statistisch gesehen keine Wohnungsnot mehr, aber die Menschen empfinden die Situation immer noch so.

Der Hypothekarzinssatz bewegt sich seit Jahren auf einem Tiefststand. Ein rascher Anstieg könnte katastrophale Folgen haben.

Im Gegensatz zu den 1990er-Jahren, wo wir diese Situation schon einmal erleb ­haben, verfügen heute viele Hypothekarschuldner über Verträge mit festen Zinssätzen und relativ langer Laufdauer. Allen, die noch fünf oder zehn Jahre vor sich haben, kann also derzeit nichts passieren – im Gegenteil, sie wären in der komfortablen Lage, dass sie ihre Mieten gemäss Referenzzinssatz erhöhen dürften, ohne Zusatzkosten zu haben. Für alle anderen, die knapp gerechnet oder auf kurzfristige Zinssätze wie den Libor abgestellt haben, würde es bei einem raschen Anstieg aber schwierig. Der Referenzzinssatz würde nicht genug ansteigen, denn dieser ist als Durchschnitt aller Hypotheken – auch der langfristigen Fixhypotheken – kalkuliert und bewegt sich deshalb nur langsam. Und sogar wenn er steigen würde, könnten die Anbieter die Mietzinse wegen des Wohnungsüberhangs vielleicht gar nicht erhöhen.

Wohnimmobilien würden dann für die Anleger rasch an Attraktivität verlieren.
Der Immobilienwert besteht ja im Prinzip aus dem abdiskontierten zukünftigen Ertrag. Wenn nun bei einer Immobilie keine Möglichkeit besteht, die Miete schnell zu erhöhen – weil der Referenzzinssatz nicht so rasch steigt oder weil hohe Leerstände bestehen –, und gleichzeitig zu einem höheren Zinssatz abdiskontiert werden muss, dann ist die Immobilie weniger wert. Und dann müssen die Banken ihre Kredite überprüfen: Ist das Pfand noch genug wert für die ausstehende Hypothekarschuld? Bei einer hohen Belehnung würden sie eine vorgezogene Amortisation verlangen.

Und die Mieter?

Sie brauchen sich nicht zu fürchten, denn dank der Trägheit des Referenzzinssatzes sind sie relativ gut geschützt.

Bauträger wie Genossenschaften, die bei den Mietzinsen auf die Kostenmiete abstellen, können deutlich günstigere Preise anbieten. Allerdings ist ihr Marktanteil in der Schweiz gering. Welche Wirkung können die gemeinnützigen Anbieter auf dem Immobilienmarkt überhaupt entfalten?

In Städten und Regionen, wo die Gemeinnützigen zwanzig Prozent Marktanteil besitzen und auch noch laufend neue Wohnungen anbieten können, haben sie ganz klar eine preisdämpfende Wirkung. Sind es dagegen nur wenige Prozent und können die Wohnungen vielleicht gar nur bestehenden Mitgliedern angeboten werden, ist die Wirkung gering. Deshalb wäre es wichtig, dass der Bestand der Gemeinnützigen zunimmt – denn die dämpfende Wirkung auf die Preise ist durchaus wünschenswert.

Die politische Rechte ist hier anderer ­Meinung.

Die Rechten sehen die Baugenossenschaften oft als Klubs, von denen nur die Mitglieder profitieren. Viele Genossenschaften sind aber durchaus offen und nehmen auch neue Mitglieder auf. Doch auch sonst ist dieser Vorwurf ein wenig stossend: Man will sie nicht fördern, weil sie geschlossene Klubs seien. Im Gegenteil: Man sollte sie fördern, damit sie nicht geschlossene Klubs sein müssen.

Das grosse Hindernis für das Wachstum der Baugenossenschaften ist das knappe und teure Bauland. Gerade in den Städten können die Anbieter von Eigentumswohnungen ganz andere Landpreise bezahlen.

Die Bodenfrage ist ein grosses Problem – für das es keine einfache Lösung gibt. Grundsätzlich haben wir in der Schweiz wenig freie Grundstücke und leiden an Platzmangel, wenn wir unsere Landschaft und die Landwirtschaftsflächen schützen wollen. Der Nachfrageüberhang beim Bauland wird also immer da sein, und viele sind bereit, hohe Preise zu bezahlen. Die Landeigentümer haben aber auch die Freiheit, nicht unbedingt das höchste Angebot auszunutzen, sondern an einen gemeinnützigen Bauträger zu verkaufen. Auf diese Weise erhalten auch Baugenossenschaften immer wieder Zugang zu attraktivem Bauland.

Einige Kantone wie die Waadt haben ­Gesetze erlassen, die für mehr günstige Wohnungen sorgen sollen. Sie setzen dabei etwa auf Vorkaufsrechte der Gemeinden oder Ausnützungsboni. Welche Instrumente sind wirksam?

Ich habe nicht das Gefühl, dass über ein Vorkaufsrecht viel mehr Bauland für günstige Wohnungen zur Verfügung stehen wird. Sind die Käufer nämlich bereit, einen hohen Preis für ein Grundstück zu bezahlen, muss die Gemeinde, die das Vorkaufsrecht ausübt, auch diesen hohen Preis bezahlen. Ein Instrument, das funktioniert, ist dagegen die Vergabe von Land im Baurecht. Dadurch behält die Gemeinde die Kontrolle über das Grundstück und kann bei der Gestaltung mitreden. Wichtig ist aber ein fairer Baurechtszins.


«Die Vergabe im Baurecht ist ein wirksames Instrument.»


Die Wohnbauförderung ist in der Schweiz – gerade im Vergleich zu Frankreich oder ­Österreich – sehr bescheiden. Auf nationaler Ebene können mit dem Fonds de Roulement jährlich nur einige hundert Wohnungen ­gefördert werden. Ist ein Ausbau nötig?

Im Prinzip ist es richtig, dass in der Schweiz jeder Kanton nach seiner spezifischen Situa­tion und als Antwort auf die Erwartungen seiner Bürger selbst entscheidet, ob er das Wohnen mehr oder weniger fördern will. Alle ­früheren nationalen Gesetzgebungen, die punkto Fördergelder grosszügiger waren, hatten das Problem, dass sie nicht auf die lokalen Gegebenheiten Rücksicht nahmen. Föderalismus ist also an sich gut. Anderseits ist es störend, wenn man in einem Kanton lebt, wo tatsächlich Wohnprobleme bestehen und sich Menschen um diese Probleme kümmern, dann aber von einer knappen Mehrheit überstimmt werden, so dass es gar keine Förderung gibt. Hier wäre es wünschenswert, dass jemand von aussen die Interessen dieser Minderheit verteidigt. Aber das ist schlussendlich eine politische Frage: Entscheidet die Mehrheit und dann ist Schluss – oder muss der Bund dafür sorgen, dass auch in diesen Kantonen bezahlbarer Wohnraum zur Verfügung gestellt wird?

Sie selbst haben in Bundesbern ebenfalls Einfluss. Sie sind – neben Ihrem Hauptberuf als Professor an der ETH Lausanne – Präsident der Eidgenössischen Kommission für Wohnungswesen EWK. Welche Funktion hat diese Kommission?

Ganz kurz zusammengefasst: Die EWK hat die Aufgabe, das Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) zu beraten und dessen Forschungsprogramm zu bewilligen. Neben dieser offiziellen Funktion erfüllt die EWK aber eine weitere bedeutsame Aufgabe. Sie bringt nämlich die wichtigen Akteure auf dem Schweizer Wohnungsmarkt zusammen und fördert so den Austausch und Dialog.

Tatsächlich sind in der EWK der Hauseigentümerverband ebenso vertreten wie der Mieterverband, Wirtschaftsvertreter ebenso wie Bundesämter oder der Verband Wohnbaugenossenschaften Schweiz. Kommen Sie überhaupt zu konkreten Beschlüssen und Empfehlungen?

Das ist bei dieser breiten Zusammensetzung tatsächlich kaum möglich. In der Vergangenheit hat man auch gesehen, dass Vorschläge der Kommission vom Nationalrat rasch abgeschossen wurden. Wenn man schaut, woher die Impulse für Änderungen etwa beim Mietrecht oder bei der Wohnungspolitik kommen, dann ist das ganz klar vom Parlament. Als beratende Kommission können wir vom Bundesrat nichts verlangen – die Parlamentarierinnen und Parlamentarier dagegen schon, sie haben in der Form der unterschiedlichen Vorstösse eine viel grössere Hebelwirkung.

Wegen der Amtszeitbeschränkung werden Sie das Präsidium des EWK per Ende Jahr abgeben. Welches sind die brennenden Probleme, die die Wohnforschung und -politik in den nächsten Jahren angehen muss?

Ganz vorne steht sicher die energetische Sanierung des Bestands, die Sanierungsquote in der Schweiz ist viel zu tief. Hinzu kommen viele regionale Probleme: Täler, die sich entvölkern, oder die Wohnungsnot in den Tourismusgebieten. Weiterhin beschäftigen wird uns sicher auch die soziale Dimension des Wohnens mit der Bekämpfung der Armut oder der Integration.

Eine der grossen Zukunftsfragen des Wohnungswesens ist die demographische Entwicklung mit der zunehmenden Zahl alter Menschen. Hier gibt es zwar viele genossenschaftliche Projekte, gerade im gemeinschaftlichen Bereich – sie werden aber nicht ausreichen. Wie muss sich der Wohnungsmarkt verändern, um auf einen viel grösseren Anteil älterer Menschen zu reagieren?

Man kann sicher nicht darauf zählen, dass die Baugenossenschaften dieses Problem allein lösen. Ich denke aber, dass die Nachfrage nach altersgerechtem Wohnraum vom Markt durchaus erkannt worden ist. Natürlich müssen wir Lösungen finden, etwa dafür, dass ältere Menschen in grossen Wohnungen verbleiben, weil sie keine Alternative haben. Trotzdem mache ich mir keine allzu grossen Sorgen, dieser Wandel des Wohnungsbestands kommt von selber.

Die Verdichtung ist eines der grossen Postulate unserer Zeit, gilt es doch, gegen die zunehmende Zersiedelung anzukämpfen. Die Frage ist aber: Kann allein mit einer Verdichtung tatsächlich genug neuer Wohnraum entstehen?

Statistisch gesehen ist das Verdichtungspotenzial dafür tatsächlich gross genug. Die Umsetzung aber ist heikel. Wer es gewohnt ist, in einer wenig verdichteten Umgebung zu leben, und sich vielleicht gerade deshalb in einem Randquartier angesiedelt hat, wird sich betrogen fühlen, wenn dort plötzlich viele neue Gebäude entstehen und mehr Menschen leben. Dann kommt es rasch zu Dichtestress, Lärmklagen und Nachbarschaftskonflikten. Dafür habe ich viel Verständnis. Es ist aber sicher so, dass die Verdichtung die bessere Lösung ist als das Siedlungsgebiet immer weiter auszudehnen. Sie funktioniert vor allem dort, wo Quartiere sowieso eine grundlegende Erneuerung brauchen, wo die Bauten veraltet sind, kaum mehr Familien leben und auch die Läden verschwunden sind. Wenn die Menschen sehen, dass sie durch die Verdichtung auch etwas gewinnen, werden sie diese eher akzeptieren.

Damit sind wir beim Umweltthema, das Sie als Vorsteher von «Leure», dem Laboratorium für Stadt- und Umweltökonomie an der ETH Lausanne, ebenfalls stark beschäftigt. Sie befassen sich dort insbesondere mit der hochaktuellen Klimapolitik. Mir scheint, dass wir im Siedlungsbau in den letzten Jahren einen Quantensprung gemacht haben. Wärmepumpen, Pellets oder Fernwärme haben die fossilen Energieträger fast vollständig abgelöst.

Das ist richtig. Das Problem sind nicht die Neubauten – das ist wie bei den Autos, wo die neuste Generation auch sehr effizient ist. Das Problem ist der riesige Bestand, der eben nicht effizient ist. Und im Gebäudebereich stossen wir hier auf eine Reihe von Hindernissen. Das grösste sind sicher die Mehrkosten. Eine energetische Heizungssanierung rechnet sich heute nicht, weil die Einsparung beim Heizöl die Mehrkosten nicht wettmacht. Dies deshalb, weil Heizöl einfach zu günstig ist. Die heutige CO2-Abgabe reicht nicht aus, um daran etwas zu ändern. Heizöl ist heute günstiger, trotz der Abgabe von 25,6 Rappen pro Liter, als 2008, als die Abgabe mit 3,2 Rappen eingeführt wurde. Wenn sie auf 200 Franken, also 50 Rappen pro Liter Heizöl, steigen würde, sähe das schon anders aus. Hinzu kommt, dass auch die Mieter die Mehrkosten mittragen müssen. Wir müssen also eine Lösung finden, die aus verschiedenen Komponenten besteht. Das ist im Umweltbereich immer so. Wenn man weniger Autos in den Städten will, verbietet man auch nicht das Auto, sondern schafft Parkplätze ab und fördert den öffentlichen Verkehr. Deshalb muss man die energetische Sanierung einerseits über das Gebäudeprogramm subventionieren, anderseits das Heizöl so verteuern, dass sich ein Ersatz rentiert, und schliesslich spezielle Auffanglösungen finden für Mieter mit tiefem Einkommen, die von einer Sanierung betroffen sind, oder Eigentümer, die diese Sanierung nicht selbst umsetzen können.

Wird das nicht alles unheimlich lange dauern?

Wir wissen, dass wir den CO2-Fussabdruck sehr rasch senken müssen, um im Klimabereich etwas zu bewirken. Gleichzeitig wollen wir auf nichts verzichten. Doch die CO2-Senkung gibt es nicht zum Nulltarif. Wir müssen Wege finden, um die Menschen für dieses ehrgeizige Ziel zu mobilisieren. Es braucht in der Klimafrage so etwas wie eine zweite Anbauschlacht – nämlich dass jeder im Land versteht, dass etwas passieren muss, und auch etwas dazu beiträgt. Doch dazu wäre auf der politischen Ebene eine Form von Leadership notwendig – und die fehlt heute leider.