Die Genossenschaft Warmbächli bezieht die erste Liegenschaft auf dem Holligerareal

Alter Hüne aus Beton wird zum Herz des Holligers

Auf dem Areal der ehemaligen Kehrichtverbrennungsanlage im Berner Holligenquartier entsteht in den nächsten Jahren Wohn- und Lebensraum für bis zu 900 Menschen. Das Herz der Überbauung wird gerade bezogen: Nach einer langen Planungsphase setzen die WarmbächliGenossenschafterinnen und -Genossenschafter im ehemaligen Lagerhaus von Chocolat Tobler ihre Wohnideen um.

Von Patrizia Legnini | Bilder: Daniel Kaufmann | November 2021

Kräne, Bagger und Berge von Schutt: Als riesige Baustelle präsentiert sich seit einiger Zeit das Areal zwischen der Bahnstrasse neben den Gleisen und dem Fussballplatz des SC Holligen in Bern. Wo bis 2015 die Kehrichtverbrennungsanlage Warmbächli mit ihren drei hohen Betonkaminen stand, klaffen heute Baugruben, aus denen in den nächsten Jahren mehrere Wohnhäuser hinaufwachsen werden. Auf dem 22 000 Quadratmeter grossen Gelände, ganz in der Nähe des Inselspitals, erstellen sechs gemeinnützige Bauträger 345 preiswerte Wohnungen für acht- bis neunhundert Bewohnerinnen und Bewohner (siehe Box). Ihre Liegenschaften befinden sich in unterschiedlichen Planungsphasen und werden bis 2026 bezogen. Bis zu 250 Menschen sollen in der neuen Überbauung, die nach den Kriterien der 2000-Watt-Gesellschaft gestaltet wird und künftig den Namen «Holliger» trägt, zudem eine Arbeitsstelle finden. Die Erwartungen an die Überbauung sind gross: Als «absolutes Wunschkind der Berner Wohnbaupolitik» bezeichnete sie letztes Jahr die «Berner Zeitung». Immer wieder ist auch von einem Leuchtturmprojekt der Schweizer Genossenschaften die Rede.
Trotzdem führen Tobias Willimann und Therese Wüthrich von der Genossenschaft Warmbächli entspannt durch die Liegenschaft, die sich zuhinterst am Hang befindet und in den nächsten Wochen als erste bezogen wird. «Wir sind im Endspurt und freuen uns, dass es bald losgeht. Aber es gibt noch viel zu tun», sagt Willimann, Co-Präsident und Leiter der Baukommission. Schon heute gilt das Gebäude mit der grauen Wellplattenfassade, das künftig «Holligerhof 8» heisst, als Herz der neuen Überbauung. Wie ein sanfter Hüne streckt es sich auf der Baustelle in die Höhe. Zitronengelbe Fensterrahmen und Sprossen wirken als Farbtupfer, und auch die unregelmässig verteilten Balkone lockern das Bild auf. Mit seinen Dimensionen wird das Gebäude, das 64 Meter lang und 25 Meter breit ist, nicht nur das grösste auf dem Areal sein und mit 50 Kindern und 160 Erwachsenen auch die meisten Bewohnerinnen und Bewohner aufnehmen. Es ist auch das einzige, das nicht neu gebaut wird: 1962 wurde es von Chocolat Tobler als Ergänzung zur Fabrik in der Länggasse erstellt und diente dem Schokoladenhersteller bis 1984 als Lagerhaus.

Zuerst wurde das Kakaobohnensilo abgebrochen und das alte ­Lagerhaus komplett ausgehöhlt. Nur die tragenden Stützen, Decken und unterirdischen Aussenwände blieben bestehen.

Konventionen hinterfragt
Mit der gewagten Idee, das Lagerhaus nicht abzureissen, sondern seine Strukturen möglichst zu erhalten, gewannen die BHSF Architekten aus Zürich 2012 den städtebaulichen Ideenwettbewerb, den die Stadt für das Gesamtareal ausgeschrieben hatte, und bekamen gleich auch den Zuschlag für den Umbau des Gebäudes. «Umbauen ist immer anspruchsvoller, als sich alles neu auszudenken», sagt Architekt Tim Seidel. «Doch es war der einfachste und logischste Weg, die energetischen Ziele der 2000-Watt-Gesellschaft zu erreichen, wie es im Programm gefordert war.» Auf eine Bauherrschaft zu treffen, die mit dem gleichen Experimentiergeist an dieses Projekt heranging und das räumliche Potenzial für eine neue Form des Wohnens sah, habe er sehr geschätzt, so Seidel. Schon zu Planungsbeginn hätten die Genossenschaftsmitglieder viele Konventionen des Wohnens in Frage gestellt und die gemeinsam entwickelten Ideen in einem Pflichtenheft festgehalten – einem «wunderbaren, sehr inspirierenden» Planungsleitfaden, wie Seidel ihn bezeichnet.
Tatsächlich waren die 50 Menschen, die sich 2013 zur Genossenschaft Warmbächli zusammentaten, die einzigen gewesen, die Interesse an der Liegenschaft gezeigt hatten, als es um die Vergabe der verschiedenen Baufelder ging. «Das Gebäude sprach uns auch deshalb an, weil uns ein Umbau nachhaltiger schien als ein Neubau und ein Ort mit Geschichte eine ganz eigene Qualität besitzt», sagt Willimann. Sie konnten sich gut vorstellen, im Gebäude Wohnraum für Menschen aller Altersgruppen, mit unterschiedlichem kulturellem und sozialem Hintergrund und verschiedenen finanziellen Möglichkeiten zu schaffen und ihre Vision eines sozialen, ökonomisch vernünftigen und ökologisch weitsichtigen Zusammenlebens zu verwirklichen.

Zweites Leben für viel Beton
Geld liess sich durch die Umnutzung des Gebäudes zwar kaum sparen. Aber aus Ressourcensicht war die Umnutzung ein Gewinn: Durch den Erhalt der Betonstruktur konnten die Architekten riesige Mengen an Treibhausgasemissionen einsparen. 21 000 Tonnen Beton treten im Holligerhof ein zweites Leben an. In den letzten zwei Jahren höhlten die Bauarbeiter das Gebäude aus, liessen nur die tragenden Stützen, Decken und unterirdischen Aussenwände bestehen. Auch das ehemalige Kakaobohnensilo brachen sie ab und betonierten die beiden Treppenhäuser mitten in die Struktur hinein. Dann stockten sie das Gebäude um drei Geschosse auf und gaben ihm eine neue Gebäudehülle. In Zukunft wird es der Gesamtsiedlung als industrieller Zeitzeuge eine besondere Identität verleihen. «Die Atmosphäre des Alten lebt im Neuen ein Stück weit fort», so Seidel. «Das Stück Stadt wird nicht ausradiert, sondern lebt organisch weiter.» Ein weiterer Vorteil war, dass die Architekten im Gebäude mit den 3,6 bis 4,7 Meter hohen Geschossen neue räumliche Lösungen entwickeln konnten, die in einem Neubau gar nicht denkbar gewesen wären. So gibt es im Erdgeschoss jetzt Wohnungen mit viereinhalb Meter hohen Wohnzimmern und offenen Galerien auf den Schlafzimmern, die die Bewohnerinnen selber ausbauen und zum Fernsehschauen, Musizieren oder Arbeiten nutzen können.
Mit den 61 unterschiedlichen Wohnungen, die im Haus entstanden, will man den Bedürfnissen einer durchmischten Mieterschaft entgegenkommen. Unter den künftigen Bewohnerinnen und Bewohnern sind auch Willimann selbst und Co-Präsidentin Wüthrich. Während er mit seiner Freundin, dem vierjährigen Sohn und Freunden in eine zweistöckige 15 ½-Zimmer-Wohnung zügelt, bezieht sie eine 1 ½-Zimmer-Wohnung für sich allein. «Ich hatte immer den Wunsch, im Alter in genossenschaftlichem Rahmen mit Gleichgesinnten zu wohnen», sagt Wüthrich. Mit ihren 72 Jahren wird sie nicht die älteste Hausbewohnerin sein, die sich auf das Wohnexperiment einlässt: Eine künftige Bewohnerin ist 84 Jahre alt.
Neben gewöhnlichen Wohnungen gibt es im Holligerhof auch acht Grosswohnungen. Sie sind zum Teil auf bis zu drei Geschossen ineinander verschachtelt. Mehrere Jokerzimmer können dazugemietet werden. Dass jeder Bewohner im Durchschnitt nur 33 Quadratmeter Wohnfläche benutzt – in der Schweiz sind es über 46 –, ist den Genossenschaftern wichtig. Damit der Flächenverbrauch auch in Zukunft so tief bleibt, gelten die Belegungsrichtlinien nicht nur bei Bezug, sondern während des gesamten Mietverhältnisses. Man wolle zeigen, dass eine hohe Lebensqualität dank vielen gemeinsam genutzten Flächen auch auf kleinerem Raum möglich sei, schreiben sie in einer Projektdokumentation. Um Ressourcen zu schonen, will man möglichst vieles miteinander teilen.

Geschosshöhen von bis zu 4,7 Metern sind im Wohnungsbau selten. Einige der 61 Wohnungen erstrecken sich über drei Geschosse, andere verfügen über offene Galerien.

Hallenwohnen auch in Bern
Im Erdgeschoss wiederum wurde auf einer Fläche von 280 Quadratmetern Platz gelassen für einen Selbstausbauloft, den ein Kollektiv mietet. Die Bewohnerinnen bauen den Raum, der nur mit Küchenanschluss und Bädern in Holzboxen ausgestattet ist, selber aus, etwa so, wie es schon im Zollhaus in Zürich geschieht. Auf dem Dachgarten wird allen eine gemeinsame Dachküche mit Esszimmer zur Verfügung stehen. Um die gesamte Dachfläche nutzen zu können, wurde die vorgeschriebene Photovoltaikanlage, deren Strom die Bewohner beziehen, auf einer Pergola montiert. Die untersten drei Geschosse der Liegenschaft wiederum sind halb in den Hang gebaut. Hier befindet sich eine Tiefgarage, die mit den Nachbargebäuden verbunden ist. Sie war nicht Bestandteil des Bauprojekts, sondern wurde arealübergreifend geplant. Von den künftigen Holligerhof-8-Bewohnerinnen hat es bis jetzt keine einzige Anmeldung für ein Auto gegeben. Rege nutzen dürften sie dafür den Velokeller, der Platz für über 200 Velos und sogar eine Velo-Waschstation bietet.
Während in den oberen Etagen die meisten Innenausbauarbeiten bald abgeschlossen sind, befindet sich das Foyer beim vollverglasten Haupteingang kurz vor dem Bezugstermin noch praktisch im Rohbau. Die zehn Meter hohe Halle mit Empfang soll dereinst so belebt sein wie eine italienische Piazza. Daneben befindet sich ein 160 Quadratmeter grosser Gemeinschaftsraum, der der ganzen Überbauung zur Verfügung steht. Die konkrete Nutzung von zwei weiteren Siedlungsräumen mit je 80 Quadratmetern soll später partizipativ entwickelt werden.

Baustart verzögerte sich
Denkt Willimann an die Anfänge zurück, dann staunt er darüber, wie viele Ideen im Haus tatsächlich realisiert werden konnten. Selbstverständlich ist das nicht: Tausende von Stunden haben die Genossenschafterinnen in den letzten Jahren ehrenamtlich auf den Einzug hingearbeitet und dabei viele Herausforderungen gemeistert. Dank gezeichneten Anteilscheinen von den Genossenschaftsmitgliedern von gut drei Millionen Franken sowie verschiedenen Darlehen bereitete die Finanzierung keine allzu grossen Probleme. So erhielt die Genossenschaft vom städtischen Fonds für Boden- und Wohnbaupolitik ein rückzahlbares und verzinsliches Darlehen in der Höhe von einer Million Franken. Mit einem Darlehen von drei Millionen Franken wird sie zudem durch den Fonds de Roulement unterstützt, 750 000 Franken stammen vom Solidaritätsfond des Dachverbands.
Mühsamer waren für die Genossenschaftsmitglieder die Verzögerungen im Entwicklungsprozess auf Seite der Stadt. Eigentlich hatten sie damit gerechnet, bis 2017 einziehen zu können. Dass der Baustart erst im Sommer 2019 erfolgte, war für sie eine Qual, obschon sie ein Stockwerk des Gebäudes zwischennutzen und auf der Brache vor dem Haus viele Quartierprojekte umgesetzt werden konnten. «Eigentlich wollten wir ein Wohnprojekt auf die Beine stellen, kein Bauprojekt», sagt Willimann dazu. Etliche Engagierte seien in den letzten Jahren wieder ausgestiegen, weil ihnen alles zu lange dauerte und sich ihre Lebenssituation verändert hatte. «Auch ich selbst wohnte ständig in Provisorien», so der 40-Jährige.
Dennoch ist die Genossenschaft über die Jahre hinweg auf über 450 Mitglieder angewachsen. Das Rüstzeug, um das Riesenprojekt zu stemmen, haben sich die Genossenschafter selbst beigebracht. Jedes Jahr organisierten sie Workshops, Plena und Retraiten, wo sie Fragen zum künftigen Zusammenleben diskutierten, Ideen entwickelten und Grundhaltungen besprachen. Jedem Entscheid das richtige Gewicht beizumessen, sei eine Herausforderung gewesen, so Willimann. Damit beim Einzug alles rund läuft, engagieren sich die Mitglieder bis heute in unzähligen Arbeits-, Koordinations- und Betriebsgruppen und tauschen sich über eine eigene Chat-App auf 45 Kanälen zu verschiedenen Themen aus. Einige richten gerade den Werkstattraum ein, andere kümmern sich um die Gästezimmer. Wieder andere bereiten den Bauarbeitern seit eineinhalb Jahren einmal pro Monat auf der Baustelle ein Mittagessen zu.
Willimann kennt keine anderen Projekte dieser Grösse, die so stark Bottom-up entstanden sind wie dieses. Der Aufwand habe sich gelohnt, bilanziert er. Doch die Arbeit sei riesig, wenn man «alles neu aufbauen, erfinden, entwickeln» müsse. Im Idealfall realisierten Gruppen solche Projekte zusammen mit erfahrenen Wohnbaugenossenschaften.

Ebenfalls im Angebot sind neben Kleinwohnungen und klassischen Familien-wohnungen auch Gross- und Clusterwohnungen sowie Wohngemeinschaften. Im Durchschnitt braucht jede Bewohnerin nur 33 Quadratmeter Wohnfläche – in der Schweiz sind es sonst über 46.

Strassen durchs ganze Haus
Dass alles gut gekommen ist, ist für Willimann eine Genugtuung. Ganz besonders freut es ihn, dass in eines der beiden Hofgeschosse eine Kindertagesstätte einzieht. Und nicht nur das: Die reformierte und die katholische Kirche richten dort zusammen mit Wohnenbern, einem gemeinnützigen Verein, auch ein sogenanntes Teilhabezentrum ein, ein Restaurant mit integrierter Quartier- und Sozialarbeit. Zudem werden sich eine Physiotherapiepraxis und ein Nähatelier im Haus einquartieren. Am allermeisten freut sich Willimann aber auf die Freiräume, die die Kinder haben werden. «Sie werden sich im ganzen Haus bewegen können, ohne dass man sich gross Sorgen machen muss.» Bei schlechtem Wetter würden sich die grosszügigen Gänge durchs Haus als Rennbahnen anbieten.
Bis die Kinder auch draussen herumtoben können, müssen sich die Bewohner einmal mehr gedulden. In den kommenden Monaten sichern noch Abschrankungen die Riesenbaustelle rund ums Haus. Danach führen Treppen von der Arkadenterrasse beim Haupteingang in einen grossen Arealhof hinunter, um den sich auch die fünf Häuser der anderen Bauträger gruppieren werden. Durchflossen wird er von einem kleinen Siedlungsbach, der vom Stadtbach gespiesen wird. Wie der Hof darüber hinaus gestaltet und genutzt wird, ist noch nicht klar: Das entscheiden die Siedlungsbewohnerinnen künftig gemeinsam.

Baudaten

Bauträgerin:
Wohnbaugenossenschaft Warmbächli, Bern
Generalplanung, Architektur und ­Baumanagement:
Planergemeinschaft BHSF Architekten, Zürich / Itten+Brechbühl, Bern
Landschaftsarchitektur:
Balliana Schubert Landschafts­architekten AG, Zürich (ganzes Areal)
Umfang:
61 Wohnungen und 9 Joker-/Gästezimmer, 2 Gemeinschaftsräume für Gesamtsiedlung (360 m²), 1 Gemeinschaftsraum für Genossenschaft Warmbächli (55 m²),

Dachgarten, diverse Gewerberäume
und Restaurant
Baukosten (BKP 1-5):
41 Mio. CHF total
4300 CHF/m² HNF
Mietzinsbeispiele:
2 ½-Zimmer-Wohnung (56 m²):
1135 CHF plus 130 CHF NK,
Pflichtanteil: 21 400 CHF
4 ½-Zimmer-Wohnung (99 m²):
2040 CHF plus 230 CHF NK,
Pflichtanteil: 35 400 CHF
12 ½-Zimmer-Wohnung (310 m²):
5075 CHF plus 715 CHF NK,
Pflichtanteil 110 800 CHF

Stadt vergibt Areal an Gemeinnützige

Durch die geplante Verlagerung der Kehrichtverwertungsanlage Warmbächli sah die Stadt Bern vor bald zehn Jahren die Gelegenheit gekommen, an zentrumsnaher Lage neuen Wohnraum zu schaffen. An einer Volksabstimmung wurde 2012 der Zonenplan Warmbächliweg-Güterstrasse angenommen. Kurz darauf genehmigte das Stimmvolk auch den Erwerb des Areals von Energie Wasser Bern (ewb) durch den städtischen Fonds für Boden- und Wohnbaupolitik. Noch im selben Jahr lancierte die Stadt einen städtebaulichen Ideenwettbewerb. In der Kategorie Gesamtkonzept siegte das Projekt der Arbeitsgemeinschaft BHSF Architekten GmbH mit Christian Salewski aus Zürich. Ein einstufiges Bieterverfahren sollte danach die Übernahme der sechs Baufelder im Baurecht regeln.

2016 den Zuschlag erhalten
Gemäss städtischer Ausschreibung sollte mindestens die Hälfte an gemeinnützige Bauträger im Baurecht abgegeben werden. 2013 nahm die Stadt das Angebot des Regionalverbandes Bern-Solothurn von Wohnbaugenossenschaften Schweiz an, das Bewerbungsverfahren unter den gemeinnützigen Bauträgern zu koordinieren. Zwei Jahre später stellte sie in Aussicht, das Warmbächli-Areal nicht nur zu fünfzig, sondern zu hundert Prozent an die sechs gemeinnützigen Bauträger abzugeben, die sich gemeinsam um die Baufelder beworben hatten – ein Novum für Bern. Im Juni 2016 erhielten die Genossenschaften den Zuschlag, ein Jahr später schlossen sie sich zur Infrastrukturgenossenschaft Holliger zusammen. Während BHSF Architekten GmbH mit Christian Salewski auch gleich den Zuschlag für den Umbau des Tobler-Gebäudes erhalten hatten, führten die anderen Genossenschaften für die Überbauung ihrer Baufelder separate Projektwettbewerbe durch. 

Am Beispiel des Holligerareals hat die ­Berner Fachhochschule analysiert, was es fürs Generationenwohnen in Neubau­arealen braucht. Die Studie kann unter www.age-stiftung.ch bezogen ­werden.

Sechs gemeinnützige Bauträger bauen eine Siedlung

Sechs Wohnbaugenossenschaften setzen in der Siedlung Holliger gemeinsam ihre ­Vision von preisgünstigem, nachhaltigem und innovativem Wohn- und Lebensraum für alle Generationen um. Die Bauträger planen und bebauen ihre Baufelder autonom. Um sich für einen reibungslosen Bau, die Gestaltung des Aussenraumes und das Zusammenleben der Siedlungsbewohnerinnen einzusetzen, ­haben sie sich aber zur Infrastruktur­genossenschaft Holliger (ISGH) zusammengeschlossen.

1. Genossenschaft Warmbächli

2. Fambau Genossenschaft
Die Fambau Genossenschaft ist eine Unternehmergenossenschaft und die grösste Wohnbaugenossenschaft in Bern. Sie wurde 1945 gegründet, um auch kinderreichen ­Familien guten Wohnraum mit modernem Komfort zu bieten. Im Holliger realisiert sie ein Gebäude mit 63 Wohnungen, einem ­Doppel­kindergarten und Gewerbeflächen. Durch den geplanten Wohnungsmix mit ­kleinen und grösseren Wohnungen soll eine gute Durchmischung erreicht werden. Der Bezug ist auf Frühling 2023 terminiert.

3. Baugenossenschaft Brünnen-Eichholz
Der markante Backsteinbau der Baugenossenschaft Brünnen-Eichholz bildet den Auftakt zur Siedlung Holliger und wächst ab dem viergeschossigen Baukörper gegen den neuen Quartierplatz zu einem neun­geschossigen Kopfbau an. Bis zum Winter 2022/2023 entstehen 62 Wohnungen mit 1 ½ bis 5 ½ Zimmern sowie zwei Studios. Zum neuen Quartierplatz hin sind im ­Sockelgeschoss ein Laden und ein kleines Bistro vorgesehen.

4. npg AG für nachhaltiges Bauen
Die autofreie Siedlung Burgunder in Bümpliz war 2010 das erste Projekt der ­gemeinnützigen npg AG. Ende Jahr soll der Baustart für das zweite Wohnprojekt im Holliger erfolgen. Im Erd- und Tiefgeschoss des Wohnhauses, das eine Gemeinschaftsterrasse aufweisen wird, kommen Maisonettewohnungen zu stehen, die die Qualitäten von kleinen ­Reihenhäusern besitzen. Die 46 kleineren und grösseren Wohnungen werden voraussichtlich im November 2023 bezugsbereit sein.

5. Baugenossenschaft Aare Bern
Die Baugenossenschaft Aare richtet den Fokus bei ihrem industriell anmutenden Wohngebäude auf unkonventionelle Familienwohnungen mit
4 und 5 Zimmern. Zudem entstehen 3-Zimmer-­Wohnungen, Studios und modulare Schalt­zimmer. Laubengänge und die gemeinschaftlich genutzte Dachterrasse werden der Bewohnerschaft viel Raum für Begegnungen und Aufenthalt bieten. Der Bezug ist auf Mitte 2023 ­geplant.

6. Eisenbahner-Baugenossenschaft Bern
Das geplante 16-stöckige Hochhaus der Eisenbahner-Baugenossenschaft Bern (EBG) wird an der Bahnstrasse dereinst einen augenfälligen Abschluss der Siedlung Holliger bilden. Aktuell entwickelt die EBG das Siegerprojekt eines ­Architekturwettbewerbs zu einem Vorprojekt weiter. Neben 65 Wohnungen, Gemeinschafts­räumen und Jokerzimmern sind auf dem Dach ein Restaurant und begrünte Flächen vorgesehen. Der Bezug des Hauses ist auf Ende 2026 geplant.