BEP erstellt Neubau mit 101 Wohnungen in Zürich Leimbach

Wachsen am Stadtrand

Auf dem Manegg-Areal in Zürich Leimbach hat die Baugenossenschaft des eidgenössischen Personals (BEP ) ihre neue Siedlung Manegg erstellt. Auf die anspruchsvolle Lage der Parzelle wurde mit einer unkonventionellen Gestaltung reagiert, die Offenheit und Rückzugsmöglichkeiten vereint.

Von Michael Staub | Bilder: Marcel Spalinger | 2022/04

Wie viele Baugenossenschaften möchte auch die BEP wachsen, kann aber mit den Preisen im überhitzten Stadtzürcher Immobilienmarkt nur selten mithalten. Gemäss Vorgabe der Generalversammlung soll der Wohnungsbestand von derzeit 1700 Einheiten bis 2025 auf rund 2000 Wohnungen vergrössert werden. Mit der Expansion in Agglomerationsgemeinden respektive nach Winterthur hat die Genossenschaft ihre Stammlande im Letten- und Industriequartier bereits ergänzt. Nach wie vor sei das Wachstum aber auch mit hohen Geboten für Liegenschaften oder Grundstücke nur schwer umzusetzen, sagt Marc Bänziger, Leiter Bau bei der BEP: «Als sich beim Projekt Manegg die Möglichkeit ergab, uns als gemeinnütziger Wohnbauträger zu beteiligen, waren wir deshalb sofort dabei.» Gemeinsam mit dem Totalunternehmer Steiner AG entwickelte die BEP auf dem Areal Manegg Mitte in Zürich Leimbach (siehe Box unten) die Siedlung Ma­negg 1. Sie kaufte dafür der Steiner AG für 27,5 Mil­lionen Franken ein 7250 Quadratmeter grosses Grundstück bei der Allmendstrasse ab. Im Kaufpreis enthalten war das Gebäude der früheren GDZ (Genossenschaftsdruckerei Zürich), das instandgesetzt wurde und nun von der BEP als Gewerbefläche vermietet wird.

Mehr Vielfalt bieten
Ein wichtiges Ziel des Projektes war die gezielte Ergänzung des bestehenden Wohnungsmixes, wie Bänziger erläutert: «Wir haben sehr viele Zwei- und Dreizimmerwohnungen, die oft nur von einer Einzelperson bewohnt werden. Deshalb wollten wir unbedingt mehr Angebote mit 4 und 4 ½ Zimmern schaffen. Ebenso fehlten uns 1 ½- und 2 ½-Zimmer-Wohnungen mit geringeren Flächen.» Mit der neuen Siedlung, die nicht weniger als 14 verschiedene Wohnungstypen umfasst, könne nun das Angebot diversifiziert, die soziale Durchmischung erhöht und der Flächenverbrauch über das gesamte Portfolio reduziert werden. Bei der Vermietung kam neben dem Reglement auch eine ausgeklügelte digitale Plattform zum Einsatz, um die gewünschte Vielfalt von Mieterinnen und Mietern weiter zu fördern. Obwohl die BEP explizit auch ältere Genossenschafterinnen und Genossenschafter wünschte, hat sich die Manegg 1 im Zug der Erstvermietung zu einem Hotspot für Familien und Singles entwickelt.
Bei der Finanzierung wählte die BEP den klassischen Weg mittels Bankkredit. Während viele Wohnbaugenossenschaften mit General- respektive Totalunternehmen eher durchzogene Erfahrungen machen, ist man bei der BEP zufrieden. «Eine gute Zusammenarbeit hängt nach unseren Erfahrungen viel mehr von den Menschen ab, die sich am Tisch gegenübersitzen, als vom gewählten Modell. Wir hatten in allen Projektphasen tolle Gesprächspartner», sagt Bänziger. Auch das Budget konnte eingehalten werden.

In den hofseitigen Erdgeschossen sind halböffentliche und gemeinschaftliche Nutzungen untergebracht, unter anderem ein genossenschafts­eigenes Bistro. Witterungsgeschützte Aussenbereiche bilden den Übergang zum Gesamtareal.

Schöne Schrägen
Die BEP-Siedlung liegt direkt an der befahrenen Allmendstrasse. Um trotz dieser Verkehrssituation und der hohen Nutzungsdichte eine überzeugende Lösung zu finden, lancierte die BEP gemeinsam mit dem Totalunternehmer einen Architekturwettbewerb. Neben den gemeinnützigen Wohnungen galt es, zusätzlich 150 Eigentumswohnungen auf dem hinteren, dem Fluss Sihl zugewandten Teil des Areals unterzubringen. Prämiert wurde das Projekt «Silberpappel» von Neff Neumann Architekten (Zürich). «Das BEP-Gebäude übernimmt für das ganze Areal eine wichtige Scharnierfunk­tion, denn es vermittelt zwischen der lärmigen Strasse und dem ruhigeren Arealinnern. Wir wollten beide Qualitäten angemessen zum Ausdruck bringen», erklärt Thomas Wölfel, zuständiger Projektleiter beim Architekturbüro. Das Gebäude, insgesamt über hundert Meter lang, markiert deshalb auf der Strassenseite eine starke Präsenz. Vordächer und Eingänge sind deutlich ausgebildet, vorspringende Balkone betonen den Wohncharakter, und das mit Keramikfliesen verkleidete Sockelgeschoss verstärkt den urbanen Charakter. Im Erdgeschoss sind strassenseitig Gewerbe- und öffentliche Nutzungen wie etwa eine Kita untergebracht, auf der Hofseite befinden sich hingegen halböffentliche sowie gemeinschaftliche Bereiche, darunter das genossenschaftseigene «Bistro Manegg.» Zwei Jokerzimmer sowie eine Gästewohnung, die auch an Externe vermietet wird, ergänzen das Raumangebot. Mit witterungsgeschützten Aussenbereichen entsteht zu­dem ein organischer Übergang zwischen halb­privaten Begegnungsräumen und dem Ge­samtareal.
Strassenseitig sind die Wohnzimmer platziert, auf der Hofseite die Schlafzimmer. Durch den kammförmigen Grundriss des Gebäudes entstehen drei Innenhöfe, was die Fassadenabwicklung im Vergleich zu einem rechteckigen Grundriss deutlich erhöht. Der besondere Clou liegt nun in der Anordnung der Wohnungen: Die Blickrichtung verläuft nicht gerade auf die gegenüberliegenden Nachbarinnen und Nachbarn, sondern leicht schräg. «So schaffen wir anstelle der Konfrontation Über-Eck-Situationen, bei denen der Blick eher in die Ferne gerichtet ist und nicht zu den Nachbarn. Gemäss Rückmeldungen aus der Mieterschaft funktioniert dies gut», sagt Wölfel. Dank der Kammstruktur gelang es, für jede Wohnung eine Loggia respektive einen privaten Aussenraum auf der lärmabgewandten Seite zu schaffen.

Die Wohnungen bieten viel Stauraum und schöne Details wie Küchenarbeitsflächen in Naturstein, helle Linoleumböden und ein abgestimmtes Farbkonzept mit Keramikplatten im Bad.

Massiv und hydroaktiv
Das Gebäude ist im Massivbau mit Wänden aus Beton respektive Mauerwerk errichtet. Auf eine mineralische Aussenwärmedämmung folgt eine hydroaktive Aussenhaut mit einem mineralischen Putz sowie einer Keimfarbe. Dank diesem System musste die Fassade nicht mit Fungiziden oder Algiziden behandelt werden, bleibt länger ansehnlich und wird vom oft feuchten Klima im Sihltal weniger in Mitleidenschaft gezogen. Die neue Siedlung lehnt sich an den Standard Minergie-P-ECO an, der für einen besonders tiefen Energieverbrauch und eine bauökologische Bauweise steht, wurde aber nicht danach zertifiziert. Anstelle der klassischen kontrollierten Lüftung gibt es eine zen­trale Abluft aus Küchen und Nasszellen, für die Nachströmung der Zuluft sorgen in die Decken eingelegte Aussenluftdurchlässe.
Statt mit einem Parkettboden, der im Küchenbereich nicht immer die beste Lösung ist, wurden die Wohnungen mit einem vollflächigen Linoleumboden ausgestattet. Das in Zusammenarbeit mit dem Hersteller entwickelte Produkt enthält Kakaoschalen, was mehr Struktur und Leben in die Oberfläche bringt. Mit einem zweistufigen Farbkonzept für Küchen sowie Bäder und Duschen erhalten die Innenräume zudem einen ansprechenden Akzent. Als Quelle für Raumwärme und Warmwasser dient das EWZ-Fernwärmenetz. Zudem hat die BEP schon Vorbereitungen für den späteren Einbau einer PV-Anlage auf dem Dach getroffen und 15 der insgesamt 75 Garagen­plätze mit Ladestationen für Elektroautos aus­gerüs­tet. Der Mieterschaft stehen ausserdem 275 Veloabstellplätze zur Verfügung.

Schnell ausgebucht
Ungefähr zehn Prozent der Mieterinnen und Mieter in der Manegg 1 zogen aus anderen BEP-Siedlungen hierher. Einige weitere Wohnungen wurden aufgrund der Warteliste vergeben. «Auf dem Web waren die Wohnungen nur etwa ein Dutzend Tage ausgeschrieben. Danach hatten wir bereits 300 Bewerbungen auf dem Tisch. Jetzt freuen wir uns über die voll vermietete, belebte Siedlung», sagt Bänziger.

Baudaten

Bauträgerin:
Baugenossenschaft des eidgenössischen Personals (BEP), Zürich
Architektur:
Neff Neumann Architekten AG, Zürich
Landschaftsarchitektur:
Schmid Landschaftsarchitekten GmbH, Zürich
Entwicklerin und Total­unternehmerin:
Steiner AG, Zürich
Umfang:
101 Wohnungen, Gemeinschaftsraum,
Bistro mit Loggia, 2 Jokerzimmer,
1 Gästewohnung, 1 Hobbyraum, ­öffentlicher Siedlungsplatz (geteilt mit

­Nachbarschaft), Einstellhalle mit
75 Plätzen, 275 Veloabstellplätze, ­Hauswartraum
Baukosten (BKP 1-5):
35,7 Mio. CHF (ohne Parkierung)
3980 CHF / m2 HNF
Mietzinsbeispiele:
2½-Zimmer-Wohnungen, 53–60 m2:
1110–1400 CHF netto
3½-Zimmer-Wohnungen, 71–82 m2:
1330–1660 CHF netto
4½-Zimmer-Wohnungen, 97–98 m2:
1590–2080 CHF netto
5½-Zimmer–Wohnungen, 115–118 m2:
1930–2520 CHF netto

Wolle, Papier, Wohnungen

In Zürich Leimbach befindet sich eines der grössten Entwicklungsgebiete ­Zürichs. Bereits weitgehend bebaut ist das Teilgebiet Greencity östlich der SZU-Gleise, wo neben zahlreichen Arbeitsplätzen und Dienstleistungs­betrieben auch rund 730 Wohnungen entstanden sind, 235 davon gemein­nützig. Auch das Manegg-Areal besitzt eine interessante Geschichte. In einem 1857 als Weizenlager erstellten ­Gebäude, damals das grösste im Kanton Zürich, befand sich ab 1875 die Spinnerei Wollishofen. Als Quelle für mechanische und später elektrische Kraft diente ein Fabrikkanal, der bis heute von der Sihl gespeist wird. 1904 wurde die Liegenschaft von der Papierfabrik an der Sihl gekauft, die hier eine zweite Produktionsstätte einrichtete. Neben der Fabrik wurde auch ein Landwirtschaftsbetrieb betrieben. Rund 60 Fabrikwohnungen wurden zudem an die Arbeiterschaft vermietet. In den 1960er-Jahren wurde das Werk Manegg deutlich erweitert und Ende der 1980er-Jahre nochmals modernisiert. Danach geriet die Sihl-Gruppe in ­finanzielle Schwierigkeiten. Nach verschiedenen erfolglosen Übernahmen und Sanierungsversuchen wurde die Produktion in der Manegg 2007 eingestellt. Im selben Jahr stellte der Stadtrat das Spinnereigebäude unter Schutz.